Nach Auffassung nun auch des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 12.03.2021 — 6 Sa 824/20) entstehen in der Zeit der Kurzarbeit Null mangels Arbeitspflicht auch keine Urlaubsansprüche. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null könne der einem Arbeitnehmer an sich zustehende Urlaub deshalb um ein Zwölftel gekürzt werden.
Sachverhalt:
Die klagende Arbeitnehmerin ist in einer Drei-Tage-Woche in Teilzeit bei der beklagten Arbeitgeberin tätig. Der Urlaubsanspruch beträgt vereinbarungsgemäß umgerechnet auf ihre Teilzeit 14 Arbeitstage. Ab dem 01.04.2020 galt für die Klägerin infolge der Corona-Pandemie von April bis Dezember wiederholt Kurzarbeit Null. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 bestand diese Kurzarbeit Null durchgehend. Im August und September 2020 hatte die Beklagte der Klägerin insgesamt 11,5 Arbeitstage Urlaub gewährt. Die Klägerin beanspruchte die Feststellung, dass ihr für das Jahr 2020 der ungekürzte Urlaub von 14 Arbeitstagen, somit noch 2,5 Arbeitstage, zustehe.
Die Klägerin war der Meinung, dass die Kurzarbeit keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche habe. Zur Begründung ihrer Ansicht vertrat die Klägerin die Auffassung, dass die Kurzarbeit nicht auf ihren Wunsch erfolge, sondern im Interesse der Arbeitgeberin sei. Sie unterliege während der Kurzarbeit Meldepflichten, so dass die Kurzarbeit auch keine Freizeit sei. Da die Arbeitgeberin die Kurzarbeit auch kurzfristig vorzeitig beenden könne, fehle es an einer Planbarkeit der freien Zeit.
Dem trat die Arbeitgeberin entgegen mit der Begründung, dass mangels Arbeitspflicht während der Kurzarbeit Null keine Urlaubsansprüche entstünden und sie deshalb den Urlaubsanspruch der Klägerin für 2020 bereits vollständig erfüllt habe.
Entscheidung:
Das Arbeitsgericht Essen und sodann das LAG Düsseldorf haben die Klage abgewiesen. Aufgrund der Kurzarbeit Null in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 habe die Klägerin für diese vollen drei Monate keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz erworben. Im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub bezwecke, sich zu erholen, setze er eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, würden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen sei.
Der Jahresurlaub 2020 stehe der Arbeitnehmerin deshalb nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null sei der Urlaub um ein Zwölftel zu kürzen, was sogar eine Kürzung um 3,5 Arbeitstage ergeben und einen Jahresurlaub von sogar nur 10,5 Arbeitstagen bedeuten würde.
Hinweis:
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat sich einem Urteil des EuGH vom 08.11.2012 angeschlossen, wonach während der Kurzarbeit die gegenseitigen Leistungspflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers nach Maßgabe der Arbeitszeitverkürzung suspendiert, wenn nicht gar völlig aufgehoben, sind. Es gelte der für Teilzeitarbeit vorgesehene Pro-rata-temporis-Grundsatz: bei Kurzarbeit „Null“ folge daraus Urlaub „Null“.
Da gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf noch Revision zum Bundesarbeitsgericht eingelegt werden kann, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt, ob sich nach deutschem Recht Urlaubsansprüche während der Kurzarbeit automatisch verringern oder ob eine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung erforderlich ist. Daher sollten Arbeitsverträge oder Vereinbarungen über die Kurzarbeit die anteilige Reduzierung oder den Wegfall von Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit “Null” ausdrücklich vorsehen.
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Christian Rothfuß
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht