Was tun, wenn ich mit der ärztlichen Behandlung nicht zufrieden bin?
Ihre Rechte als Patientin oder Patient bei Behandlungsfehlern und fehlerhaften Entscheidungen in der …
Was tun, wenn ich mit der ärztlichen Behandlung nicht zufrieden bin?
Ihre Rechte als Patientin oder Patient bei Behandlungsfehlern und fehlerhaften Entscheidungen in der Klinik
Wenn Sie nach einer medizinischen Behandlung unzufrieden sind, kann dies viele Gründe haben: Sie fühlen sich nicht ernst genommen, Ihre Beschwerden wurden nicht hinreichend beachtet – oder im schlimmsten Fall hat die Behandlung zu gesundheitlichen Schäden geführt. In besonders schweren Fällen kann sogar ein Behandlungsfehler vorliegen. Doch was können Sie als Patient oder Angehöriger tun?
- Klärung mit den behandelnden Ärzten
Der erste Schritt sollte stets ein klärendes Gespräch mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt oder der Klinikleitung sein. Häufig lassen sich Missverständnisse so frühzeitig aufklären. Bitten Sie um eine Einsicht in die Patientenakte – dazu haben Sie nach § 630g BGB grundsätzlich ein Recht.
- Einschaltung einer unabhängigen Stelle
Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Behandlungsfehler vorliegt, können Sie sich an die Schlichtungsstellen der Landesärztekammern oder Ihre Krankenkasse wenden. Dort erhalten Sie kostenfreie Hilfe und Einschätzungen zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten. Gern unterstützen wir Sie auch dabei.
- Juristische Schritte bei Behandlungsfehlern
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn ein Arzt gegen medizinische Standards verstoßen hat und Ihnen dadurch ein gesundheitlicher Schaden entstanden ist. In einem besonders tragischen Fall entschied ein Oberlandesgericht, dass bereits die Verwendung eines ungeeigneten Spülmittels (destilliertes Wasser) im Rahmen einer gynäkologischen Operation als grob fahrlässiger Behandlungsfehler zu werten war, der zum Tod der Patientin führte.
In diesem Fall ging es um das Versäumnis mehrerer Ärzte, auf eine riskante Behandlungsweise hinzuweisen und dieser zu widersprechen. Damit stellt sich eine zentrale rechtliche Frage: Haben Ärztinnen und Ärzte eine Pflicht, ärztliche Anweisungen zu hinterfragen, wenn sie Zweifel haben? Die Antwort lautet: Ja.
Die sogenannte Remonstrationspflicht – Schutzpflicht auch für Patientinnen und Patienten
In der Medizin herrscht häufig eine strikte Hierarchie, insbesondere in Kliniken: Chefärzte, Oberärzte, Assistenzärzte – jeder hat seine Rolle. Doch gerade in dieser Struktur besteht die Gefahr, dass untergeordnete Ärzte Anordnungen befolgen, die sie eigentlich für riskant oder falsch halten. Deshalb gilt im Arztrecht die Remonstrationspflicht:
Jede Ärztin und jeder Arzt ist verpflichtet, Anweisungen von Vorgesetzten zu hinterfragen, wenn sie medizinisch nicht nachvollziehbar oder potenziell gefährlich sind.
Im oben geschilderten Fall wurde dieser Pflicht nicht nachgekommen:
- Eine Oberärztin führte eine risikobehaftete Methode aus, ohne auf einer Klärung ihrer Bedenken zu bestehen.
- Eine Assistenzärztin übernahm ohne eigene Prüfung die Risikoeinschätzung eines Oberarztes.
Beide Ärzte wurden dafür haftbar gemacht. Das Gericht betonte, dass medizinische Grundkenntnisse – etwa, dass destilliertes Wasser nicht in die Blutbahn gelangen darf – bereits im Studium vermittelt werden und von jedem Arzt erwartet werden müssen.
Für Patientinnen und Patienten bedeutet das:
Wenn eine Behandlung nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht, haftet nicht nur der anordnende Chefarzt – auch ausführende Ärzte können haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Bedenken nicht rechtzeitig geäußert haben. Die Gerichte erkennen in solchen Fällen grobe Behandlungsfehler, die zu einer Beweislastumkehr zugunsten des Patienten führen: Dann muss nicht mehr der Patient beweisen, dass ein Fehler gemacht wurde – sondern das Krankenhaus muss beweisen, dass alles korrekt lief.
Was Sie konkret tun können
- Sichern Sie Beweise:
Verlangen Sie Einsicht in Ihre Behandlungsunterlagen (§ 630g BGB). Dokumentieren Sie möglichst genau, was wann gesagt oder getan wurde.
- Holen Sie ein Gutachten ein:
Ein medizinisches Gutachten ist oft der zentrale Beweis in einem Arzthaftungsverfahren. Dieses kann über Ihre Krankenversicherung, über die Schlichtungsstellen oder anwaltlich organisiert werden.
- Wenden Sie sich an einen Fachanwalt für Medizinrecht:
Die rechtliche Bewertung von Behandlungsfehlern ist komplex. Ein auf Medizinrecht spezialisierter Anwalt kann beurteilen, ob ein Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch besteht.
- Prüfen Sie Ihre Rechtsschutzversicherung:
Viele Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern.
Fazit
Wenn Sie das Gefühl haben, bei einer Behandlung sei etwas schiefgelaufen, zögern Sie nicht, Ihre Rechte wahrzunehmen. Ärztinnen und Ärzte dürfen sich nicht blind auf Anweisungen verlassen – sie haben eine Remonstrationspflicht, die dem Schutz Ihrer Gesundheit dient. Wird diese Pflicht verletzt, können Sie als Patient Ansprüche geltend machen – nicht nur moralisch, sondern auch juristisch.
Quelle: OLG Köln, Urteil/Beschluss vom 27.01.2025, Aktenzeichen: 5 U 69/24
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