Das Finanzministerium möchte die deutsche Wirtschaft ab 2024 mit über 6 Mrd. Euro entlasten und hat am 12. Juli 2023 den Entwurf eines “Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness” (sog. Wachstumschancengesetz) auf der Homepage veröffentlicht. Im Folgenden erhalten Sie einen kurzen Überblick über die ggf. zu erwartenden Änderungen. Bitte beachten Sie unbedingt, dass es sich bisher lediglich um einen Entwurf handelt und sich im parlamentarischen Verfahren Änderungen ergeben werden.
Abzugs‑, Frei- und Pauschbeträgen:
- Die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG-Grenze) soll von derzeit 800 Euro auf 1.000 Euro angehoben werden.
- Die Wertgrenze für sog. Sammelposten soll auf 5.000 Euro angehoben und der Abschreibungszeitraums auf drei Jahre verkürzt werden.
- Die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG soll auf 50 Prozent erhöht werden.
- Die Freigrenze für den Quellensteuereinbehalt bei Vergütungen für Rechteüberlassungen soll von 5.000 Euro auf 10.000 Euro (§ 50c Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 EStG‑E) erhöht werden.
- Die Pauschalbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen sollen auf 15 Euro (bisher 14 Euro) bzw. 30 Euro (bisher 28 Euro) erhöht werden.
- Der Freibetrag für Zuwendungen an Arbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen soll von derzeit 110 Euro auf 150 Euro erhöht werden.
- Die Freigrenze bzgl. der Abziehbarkeit der Aufwendungen für Geschenke an Geschäftspartner soll von bisher 35 Euro auf 50 Euro erhöht werden.
- Die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sollen grundsätzlich bis zur Höhe von 1.000 Euro steuerfrei bleiben.
- Die bisher für private Veräußerungsgeschäfte geltende Freigrenze von 600 Euro soll auf 1.000 Euro erhöht werden.
Weitere geplante Änderungen:
- Bei der Forschungszulage soll u.a. die maximale Bemessungsgrundlage auf 12 Mio. Euro (von derzeit 4 Mio. Euro) verdreifacht und die Zulage grundsätzlich auch auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten der in einem begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben verwendeten, abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter erweitert werden. Außerdem ist vorgesehen, den Ansatz der Aufwendungen von Auftragsforschung auf 70 Prozent anzuheben.
- Die Möglichkeit des Verlustrücktrags wird auf 3 Jahre erweitert werden und es soll eine Erhöhung auf 10 Mio. Euro (bzw. bei zusammenveranlagten Ehegatten auf 20 Mio. Euro) für Zwecke der Einkommen- und Körperschaftsteuer erfolgen.
- Der Verlustvortrag soll für die Jahre 2024 bis 2027 uneingeschränkt und nicht mehr begrenzt auf 1 Mio. Euro bzw. 60% des 1 Mio. Euro übersteigenden Betrags (sog. Mindestbesteuerung) möglich werden.
- Korrespondierend mit der zeitlichen Suspendierung der einkommen- und körperschaftsteuerlichen Mindestbesteuerung soll auch für die gewerbesteuerliche Verlustnutzung (§ 10a GewStG) die betragsgemäße Begrenzung für Erhebungszeiträume 2024 bis 2027 ausgesetzt werden.
- Die Regelung der sog. Zinsschranke wird verändert. Die sog. Konzern- und Escape-Klausel werden gestrichen und die Freigrenze von 3 Mio. Euro soll – soweit ersichtlich – in einen Freibetrag umgewandelt werden.
- Neben der veränderten Zinsschranke soll nun durch die Regelung des § 4l EStG‑E noch eine sog. Zinshöhenschranke eingeführt werden. Mit der Einführung der Regelung soll eine Abzugsbeschränkung für Zinsaufwendungen für Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG (z.B. mind. 25% ige Beteiligung) eingeführt werden. Danach sollen Zinsaufwendungen nicht abziehbar sein, soweit der vereinbarte Zinssatz den gesetzlich definierten Höchstzinssatz übersteigt.
- Neben punktuellen Änderungen bei den bestehenden Regelungen zur Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (§§ 138 d ff. AO) sieht der Referentenentwurf die Ausweitung der bereits eingeführten Mitteilungspflichten auf innerstaatliche Steuergestaltungen durch die Einführung der §§ 138 l bis n AO‑E vor.
Hinweis zur Grunderwerbsteuer:
Das BMF hat u. a. den Verbänden den Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes (kurz Grunderwerbsteuer-Novellierungsgesetz, GrEStNG) vorgelegt. Mit dem Novellierungsgesetz sollen die infolge des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 10.08.2021 (MoPeG) notwendig gewordenen Anpassungen im Grunderwerbsteuergesetz umgesetzt werden. Daneben sieht der Entwurf Maßnahmen zur Unterbindung der Steuerumgehung durch gestalterische Maßnahmen und zur Beseitigung von Umstrukturierungshemmnissen vor. Im Wesentlichen enthält der Diskussionsentwurf folgende Maßnahmen:
- Die Ergänzungstatbestände in § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG sollen aufgehoben und durch einen neuen rechtsformneutralen und grundstücksbezogenen Ergänzungstatbestand in § 1a GrEStG‑E ersetzt werden. Demnach sollen Anteilserwerbe an einer Grundstücksgesellschaft bei Vereinigung der Gesamtheit der Anteile (100 %) besteuert werden (§ 1a Abs. 1 GrEStG‑E).
- Mehrere Anteilseigner sollen als Erwerbergruppe besteuert werden, wenn sie ihre Erwerbe miteinander abgestimmt haben (§ 1a Abs. 1 GrEStG‑E).
- Ergänzend dazu soll auch das Sondervermögen von offenen Immobilienfonds in die Besteuerung einbezogen werden (§ 1b GrEStG‑E).
- Anstelle der bisherigen Steuerbegünstigungen in §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG und der Konzernklausel in § 6a GrEStG soll eine neue rechtsformneutrale Steuerbegünstigung in Zusammenhang mit Gesellschaften treten (§ 5 GrEStG‑E). Die Steuerbegünstigung soll gewährt werden, wenn sich der bestimmende Einfluss über das Grundstück nicht ändert oder soweit vor oder nach einem Erwerbsvorgang eine Person an einem Grundstück beteiligt bleibt.
- Die Bundesländer sollen die Befugnis erhalten, für Rechtsvorgänge i. S. d. § 1 Abs. 1 GrEStG einen ermäßigten Steuersatz einzuführen, bei denen der Erwerber des Grundstücks eine natürliche Person ist und soweit sich der jeweilige Rechtsvorgang auf ein Grundstück bezieht, das nach dem Erwerb eigenen Wohnzwecken dienen soll (§ 11 Abs. 2 GrEStG‑E).
- Zudem soll eine persönliche Haftung der Grundstücksgesellschaft sowie eine dingliche Haftung des Grundstücks für die Grunderwerbsteuerschuld eingeführt werden (§ 13a GrEStG‑E).
- Die Frist zur Anzeige des grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestands soll von zwei Wochen auf einen Monat verlängert werden (§ 19 Abs. 3 GrEStG‑E).
Das Gesetz soll, sofern ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren durchlaufen wird und die Regelungen Gesetzeskraft erlangen, am 01.01.2024 in Kraft treten (Art. 3 GrEStNG‑E).