Das zum 01.01.2021 in Kraft getretene SanInsFoG – insbesondere das darin enthaltene StaRUG über den vorinsolvenzlichen Restrukturierungsrahmen – präzisiert sowohl die Pflichten als auch die Haftung von Geschäftsleitern in der Unternehmenskrise. Dieser Beitrag schafft einen Überblick über bereits bestehende Pflichten und Haftungsrisiken und welche Änderungen sich nun durch die neuen gesetzlichen Regelungen ergeben.
Geschäftsleiterpflichten und ‑haftung in der Krise – Was bringt der neue präventive Restrukturierungsrahmen?
Bereits bestehende Pflichten und Haftungsrisiken
Neben der Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§ 43 GmbHG, §§ 92, 93 AktG, § 34 GenG) treffen den Geschäftsführer im Vorfeld einer Insolvenz auch bestimmte Pflichten zur Krisenfrüherkennung und Krisenbewältigung. Letztere resultieren u.a. aus ihrer allgemeinen Sorgfaltspflicht. Dazu gehört zunächst die Pflicht zur kontinuierlicher Überwachung der finanziellen Lage der Gesellschaft. Sie wird konkretisiert und ergänzt durch eine Pflicht zur ständigen wirtschaftlichen Selbstprüfung, die sich insbesondere aus dem Gesellschaftsrecht aber auch der Insolvenzordnung ergibt.
Eine Pflicht zur Risikoüberwachung wird für den Vorstand einer Aktiengesellschaft z.B. in § 91 Abs. 2 AktG normiert. Infolge einer „Ausstrahlungswirkung“ dieser Vorschrift ist sie aber auch für die Geschäftsleitungsorgane von Unternehmensträgern anderer Rechtsform anzuwenden. Die Pflicht zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems ergibt sich hierbei bereits aus dem Legalitätsprinzip, das vom Management verlangt, sich bei der Amtsführung gesetzestreu zu verhalten und sicherzustellen, dass die Gesellschaft ihren Rechtspflichten nachkommt.
Derzeit haften Geschäftsführer in der Unternehmenskrise nur im sog. Innenverhältnis. Das bedeutet, dass Organe (Geschäftsführer und Vorstände) nur ihren Gesellschaften für etwaige entstandene oder entstehende Schäden haften, falls sie nicht die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anwenden. Eine Haftung gegenüber außenstehenden Dritten kommt indes nicht zur Anwendung. Das gilt für sowohl für die Vorstände einer Aktiengesellschaft (§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG), die Vorstände einer Genossenschaft (§ 34 Abs. 1 S. 1 GenG), als auch für die Geschäftsführer einer GmbH (§ 43 Abs. 1 GmbHG).
Der hierbei insoweit bestehende Ermessensspielraum eines Geschäftsführers findet dann seine Grenze, wenn Grundregeln ordnungsgemäßer Unternehmensführung missachtet und damit die Grenzen verantwortungsbewussten unternehmerischen Handelns deutlich überschritten werden (sog. „Business Judgement Rule“).
Neuerungen durch SanInsFoG und StaRUG
Wesentlicher Bestandteil des StaRUG ist die Vorschrift zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement (§ 1 StaRUG). Mit dessen Einführung wird eine rechtsformunabhängige Pflicht von Geschäftsleitern zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern etabliert. Insoweit entspricht diese Regelung dem § 91 Abs. 2 AktG. Diese wird nunmehr spezifiziert durch die Pflicht der Geschäftsleitung, den Überwachungsorganen (Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat) unverzüglich Bericht zu erstatten (§ 1 Abs. 1 Satz 2 StaRUG), wenn sie Anzeichen einer sich anbahnenden Krise erkennt. Die Regelung des § 1 StaRUG fügt sich auch im Übrigen in den Rahmen ein, der durch die spezialgesetzlichen Bestimmungen zum Pflichtenkreis der Leitungsorgane gezählt wird.
Daher bleibt es, was Einzelfragen insbesondere hinsichtlich der Folgen von Pflichtverletzungen angeht, bei den rechtsformspezifischen Regelungen und Grundsätzen. Ein entsprechender Schadensersatzanspruch ergibt sich dann aus den Regelungen zur Einhaltung der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters“ (z. B. § 43 Abs. 1, 2 GmbHG oder § 93 Abs. 1, 2 AktG).
Im Gegenzug werden die Pflichten der Geschäftsleiter ab Einleitung des gerichtlichen Restrukturierungsverfahrens jedoch erweitert: Ab Anzeige des Restrukturierungsvorhabens beim Gericht haben diese die Restrukturierungssache mit der „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers″ zu betreiben und Maßnahmen unterlassen, die das Restrukturierungsziel gefährden (§ 32 Abs. 1 StaRUG). Sie trifft ab diesem Zeitpunkt also eine Pflicht zur Wahrung von Gläubigerinteressen. Im Falle einer Pflichtverletzung kann das Unternehmen Schadenersatzansprüche gegen die Geschäftsleiter geltend machen (§ 43 Abs. 1 StaRUG).
Die bisherige Haftung für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife (§ 64 GmbHG, GmbHG, 92 Abs. 2 AktG, 130a HGB) wurde aus dem GmbH-Gesetz herausgelöst und in die Insolvenzordnung integriert: Unabhängig von der Rechtsform sind nun rechtliche Vertreter aller juristischen Personen, die insolvenzantragspflichtig sind, zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die entgegen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes geleistet wurden (§ 15 b InsO).
Durch den Abs. 2 der Vorschrift sollen Geschäftsführer aber auch entlastet werden. Danach ziehen Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen – insbesondere solche, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen – nunmehr trotz Vorliegens einer Überschuldung keine Haftung nach sich. Das gilt jedenfalls dann, wenn entweder die nachhaltige Beseitigung der Antragspflicht oder die Vorbereitung eines Antrags betrieben wird.
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