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Anwen­dungs­be­reich des Sta­RUG und sein Ver­hält­nis zum Ein­tritt der Insolvenzreife

Wem steht der Weg zum neu­en Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren offen?

Grund­sätz­lich kön­nen nur Unter­neh­men, wel­che dro­hend zah­lungs­un­fä­hig sind, das außer­insol­venz­li­che Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren in Anspruch neh­men. Zah­lungs­un­fä­hi­gen oder über­schul­de­ten Unter­neh­men bleibt die Opti­on einer Restruk­tu­rie­rung außer­halb der Insol­venz daher ver­wehrt. Für die­se Fäl­le ist nach wie vor das Insol­venz­ver­fah­ren vorgesehen.

Die Insol­venz­ord­nung kennt die fol­gen­den drei Insol­venz­grün­de zur Eröff­nung eines Insol­venz­ver­fah­rens: Zah­lungs­un­fä­hig­keit (§ 17 InsO), dro­hen­de Zah­lungs­un­fä­hig­keit (§ 18 InsO) und Über­schul­dung (§ 19 InsO). Wäh­rend es sich bei Zah­lungs­un­fä­hig­keit und Über­schul­dung um zwin­gen­de Insol­venz­grün­de (d.h. zur Insol­venz­an­trag­stel­lung zwin­gend ver­pflich­ten­de Grün­de) han­delt, stellt die dro­hen­de Zah­lungs­un­fä­hig­keit einen sog. berech­ti­gen­den, aber nicht ver­pflich­ten­den Insol­venz­grund dar. Des­halb steht dem dro­hend zah­lungs­un­fä­hi­gen Schuld­ner sowohl das Insol­venz­ver­fah­ren als auch der neue Restruk­tu­rie­rungs­rah­men offen.

Dro­hend zah­lungs­un­fä­hig ist ein Schuld­ner nach § 18 InsO dann, wenn er vor­aus­sicht­lich nicht in der Lage sein wird, die bestehen­den Zah­lungs­pflich­ten im Zeit­punkt der Fäl­lig­keit zu erfül­len. Dies wird als rei­ne Liqui­di­täts­pro­gno­se über einen Zeit­raum des lau­fen­den und fol­gen­den Geschäfts­jah­res ver­stan­den (also 24 Mona­te). Um eine Über­schnei­dung mit dem Über­schul­dungs­tat­be­stand zu ver­mei­den, hat der Gesetz­ge­ber sich dazu ent­schie­den, der Prü­fung der Fort­füh­rungs­pro­gno­se iRd. Über­schul­dung einen Zeit­raum von nur noch zwölf Mona­ten zugrun­de zu legen, der Prü­fung der dro­hen­den Zah­lungs­un­fä­hig­keit hin­ge­gen 24 Monate.

Ergän­zun­gen durch das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz

Abwei­chend von § 19 Absatz 2 Satz 1 der Insol­venz­ord­nung ist zwi­schen dem 1. Janu­ar 2021 und dem 31. Dezem­ber 2021 anstel­le des Zeit­raums von zwölf Mona­ten ein Zeit­raum von vier Mona­ten zugrun­de zu legen, wenn die Über­schul­dung des Schuld­ners auf die COVID-19-Pan­de­mie zurück­zu­füh­ren ist. Dies wird ver­mu­tet, wenn

  1. der Schuld­ner am 31. Dezem­ber 2019 nicht zah­lungs­un­fä­hig war,
  2. der Schuld­ner in dem letz­ten, vor dem 1. Janu­ar 2020 abge­schlos­se­nen Geschäfts­jahr ein posi­ti­ves Ergeb­nis aus der gewöhn­li­chen Geschäfts­tä­tig­keit erwirt­schaf­tet hat und
  3. der Umsatz aus der gewöhn­li­chen Geschäfts­tä­tig­keit im Kalen­der­jahr 2020 im Ver­gleich zum Vor­jahr um mehr als 30 Pro­zent ein­ge­bro­chen ist.

Für den Schuld­ner bedeu­tet dies kon­kret, dass ihm in den nächs­ten 24 Mona­ten Zah­lungs­un­fä­hig­keit dro­hen muss. Für den Fall, dass schon in den nächs­ten 12, respek­ti­ve 4 Mona­ten mit dem Ein­tritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit oder einer bilan­zi­el­len Über­schul­dung zu rech­nen ist, besteht nur dann kei­ne Insol­venz­an­trags­pflicht, wenn der tat­säch­li­che Ein­tritt der Zah­lungs­un­fä­hig­keit auf­grund der mög­li­chen Sanie­rungs­maß­nah­men des Sta­RUG wahr­schein­lich ver­mie­den wer­den kann.

Was pas­siert, wenn das Unter­neh­men im Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren insol­vent wird? 

Wäh­rend des Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­rens ist die Insol­venz­an­trags­pflicht für Unter­neh­men aus­ge­setzt (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Sta­RUG). Tre­ten Zah­lungs­un­fä­hig­keit oder Über­schul­dung wäh­rend­des­sen ein, hat der Schuld­ner dies dem Restruk­tu­rie­rungs­ge­richt unver­züg­lich (= ohne schuld­haf­tes Zögern, spä­tes­tens aber nach 3 Wochen) anzu­zei­gen (§ 32 Abs. 3 StaRUG).

Das Gericht kann dann von einer Auf­he­bung des Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­rens abse­hen, wenn die­se offen­sicht­lich nicht im Inter­es­se der Gläu­bi­ger­ge­samt­heit liegt, ins­be­son­de­re wenn der erfolg­rei­che Abschluss des Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­rens kurz bevor­steht (§ 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG).

Wur­de das Restruk­tu­rie­rungs­ver­fah­ren gericht­lich auf­ge­ho­ben, lebt die Pflicht zur Insol­venz­an­trags­stel­lung wie­der auf (§ 42 Abs. 4 StaRUG).