Aufwendige Ausschreibung für dringend benötigte Waren/Leistungen in Zeiten des Coronavirus?
Grundsätzlich nein!
In der derzeitigen Situation, in welcher Leistungen und Waren (bspw. medizinisches Gerät, Schutzbekleidung für medizinisches Personal, Desinfektionsmittel, etc.) schnellstmöglich beschafft werden müssen, um Engpässe zu verhindern, stellt sich die Frage, wie damit aus vergaberechtlicher Sicht umzugehen ist.
Die Vergabeverordnung sieht in § 14 VgV, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, grundsätzlich die Möglichkeit vor, ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb durchzuführen (d.h. der Auftraggeber kann sich an Unternehmen wenden und mit diesen direkt in Verhandlungen treten), wenn äußerst dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, welche der Auftraggeber nicht vorhersehen konnte, die Einhaltung der Mindestfristen nicht zulassen und die Umstände, welche zur Dringlichkeit geführt haben, dem Auftraggeber nicht zuzurechnen sind.
Bei der Corona-Pandemie handelt es sich um einen äußerst dringlichen und zwingenden Grund, welcher für den Auftraggeber nicht vorhersehbar gewesen sein dürfte. Insoweit dürfte dem Auftraggeber auch nicht entgegengehalten werden können, dass mit einer verkürzten Angebotsfrist ein Vergabeverfahren hätte durchgeführt werden müssen, denn auch dieses nimmt einen erheblichen Zeitraum in Anspruch (Angebotsfrist 10 Tage, Unterrichtung der unterlegenen Bieter 10 Tage vor Erteilung des Zuschlags).
Beispiel: Aufgrund der aktuellen Situation wird dringend Schutzbekleidung benötigt. Die vorhandenen Schutzbekleidungen reichen nicht mehr wie geplant für 6 Monate, sondern nur noch maximal 1 Woche. Der öffentliche Auftraggeber muss nun nicht erst ein aufwändiges Vergabeverfahren durchführen. Auch die Errichtung von Containerkrankenhäusern ist auf diese Weise vergaberechtlich gesehen grundsätzlich denkbar, wenn die Kapazität der vorhandenen Krankenhäuser überschritten ist und auf einen andere Weise keine schnelle Erhöhung der zur Verfügung stehenden Betten zur Behandlung von Infizierten oder Intensivpatienten möglich ist.
ACHTUNG! Dies betrifft jedoch nur Leistungen, welche dringend benötigt werden. Für alle weiteren Leistungen gilt, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens auch weiterhin erforderlich ist, wenn nicht aufgrund gesetzlicher Regelungen ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zulässig ist.
Sollten Sie vergaberechtliche Fragen haben, stehen Ihnen Herr Rechtsanwalt Bernd Morgenroth sowie Frau Rechtsanwältin Ann-Kathrin Abt gern zur Verfügung.
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