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Son­der­news­let­ter: Die neue und alte Grund­steu­er im Überblick

Die neue und alte Grund­steu­er im Überblick

 

  1. Der­zei­ti­ge Berechnung

1.1. Ein­heits­wert

1.2. Grund­steu­er­mess­zahl

1.3. Grund­steu­er­he­be­satz

2. Ent­schei­dung des Bundesverfassungsgerichts

3. Gesetz­li­che Neu­re­ge­lung im Überblick

4. Öff­nungs­klau­sel für die Bundesländer

5. Das zählt zum Grundvermögen

5.1. Unbe­bau­te Grundstücke

5.2. Bebau­te Grundstücke

6. Bebau­te Grund­stü­cke im Ertragswertverfahren

6.1. Ermitt­lung Rohertrag

6.2. Bewirt­schaf­tungs­kos­ten

6.3. Ver­viel­fäl­ti­ger

7. Steu­er­mess­zah­len

8. Mus­ter­fall (Ein­fa­mi­li­en­haus)

8.1. Grund­steu­er (alt)

8.2. Grund­steu­er (neu)

9. Bebau­te Grund­stü­cke im Sachwertverfahren

10. Die neue Grund­steu­er C


 

Grund­le­gen­de Fra­gen zur Grund­steu­er­re­form beant­wor­ten wir auch in die­sem Bei­trag.

 

Die neue und alte Grund­steu­er im Überblick

| Die Reform der Grund­steu­er betrifft jeden Bür­ger – egal ob es sich um Eigen­tü­mer oder Mie­ter han­delt. Und Fakt ist auch, dass die Neu­be­wer­tung der über 35 Mil­lio­nen Grund­stü­cke zu einer ech­ten Her­ku­les­auf­ga­be wer­den wird. Grund genug, das alte und neue Pro­ze­de­re bei der Berech­nung der Grund­steu­er vorzustellen. |

1. Der­zei­ti­ge Berechnung 

aktu­el­len Rechts­la­ge sind Ein­heits­wer­te neben den Steu­er­mess­zah­len und den von den Gemein­den fest­ge­leg­ten Hebe­sät­zen Grund­la­ge für die Bemes­sung der Grund­steu­er. Dabei ist fol­gen­de For­mel relevant:

Berech­nungs­for­mel
Ein­heits­wert x Grund­steu­er­mess­zahl x Grundsteuerhebesatz

 

1.1. Ein­heits­wert

Maß­ge­bend für die Fest­stel­lung der Ein­heits­wer­te sind in den „alten“ Bun­des­län­dern und West-Ber­lin die Wert­ver­hält­nis­se im Haupt­fest­stel­lungs­zeit­punkt 1.1.1964. In den „neu­en“ Bun­des­län­dern gilt sogar der 1.1.1935. Die Ein­heits­wer­te wer­den von den Finanz­äm­tern festgesetzt.

Beach­ten Sie | Die Vor­ga­be, alle sechs Jah­re eine erneu­te Haupt­fest­stel­lung durch­zu­füh­ren, wur­de nicht bzw. nie umgesetzt.

Ein­heits­wer­te wer­den unter gewis­sen Vor­aus­set­zun­gen neu fest­ge­stellt. Zu unter­schei­den sind insbesondere:

  • Wertfort­schrei­bung,
  • Artfort­schrei­bung (Bei­spiel: aus einem Ein­fa­mi­li­en­haus ent­steht durch Umbau ein Zweifamilienhaus),
  • Zurech­nungsfort­schrei­bung (Bei­spiel:  Eigentümerwechsel),
  • Nach­fest­stel­lung.

 

1.2. Grund­steu­er­mess­zahl

Wird der Ein­heits­wert mit der Steu­er­mess­zahl mul­ti­pli­ziert, erhält man den Grund­steu­er­mess­be­trag. Die Steu­er­mess­zah­len sind Tau­send­sät­ze. Sie hän­gen u. a. davon ab, ob es sich um ein Ein- oder ein Zwei­fa­mi­li­en­haus handelt.

1.3. Grund­steu­er­he­be­satz

Auf den Grund­steu­er­mess­be­trag wird dann der von der Gemein­de fest­ge­leg­te Grund­steu­er­he­be­satz angewandt.

Es wer­den zwei Arten unterschieden:

  • Grund­steu­er A (agra­risch – für Betrie­be der Land- und Forst­wirt­schaft) sowie
  • Grund­steu­er B (bau­lich – für bebau­te oder bebau­ba­re Grundstücke).
Berech­nungs­bei­spiel
Der vom Finanz­amt fest­ge­stell­te Ein­heits­wert für ein Ein­fa­mi­li­en­haus beträgt 30.000 EUR. In der Vari­an­te 1 befin­det sich die Immo­bi­lie in Selm (Hebe­satz = 825 %). In der Vari­an­te 2 in Mett­mann (Hebe­satz = 480 %).

Die Grund­steu­er­mess­zahl beträgt 2,6 Pro­mil­le, sodass sich ein Grund­steu­er­mess­be­trag von 78 EUR ergibt.

In der Vari­an­te 1 (Selm) müs­sen Eigen­tü­mer somit Grund­steu­er in Höhe von 643,50 EUR im Jahr bezahlen.

In der Vari­an­te 2 (Mett­mann) sind es hin­ge­gen nur 374,40 EUR.

Mer­ke | Das Bei­spiel zeigt, dass der Hebe­satz der jewei­li­gen Gemein­de enor­me Aus­wir­kun­gen auf die Höhe der Grund­steu­er hat.

 

2. Ent­schei­dung des Bundesverfassungsgerichts 

Die Rege­lun­gen zur Ein­heits­be­wer­tung von Grund­ver­mö­gen in den „alten“ Bun­des­län­dern sind nach der Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 10.4.2018 jeden­falls seit Beginn 2002 mit dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­satz unver­ein­bar. Das Fest­hal­ten des Gesetz­ge­bers an dem Haupt­fest­stel­lungs­zeit­punkt von 1964 führt zu gra­vie­ren­den Ungleich­be­hand­lun­gen bei der Bewer­tung von Grund­ver­mö­gen, die nicht aus­rei­chend gerecht­fer­tigt sind.

Beach­ten Sie | Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt muss­te nur zur Bewer­tung in den „alten“ Bun­des­län­dern ent­schei­den. Die Urteils­grün­de gel­ten aber erst Recht für das Bei­tritts­ge­biet, da hier auf den 1.1.1935 abge­stellt wird.

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat­te dem Gesetz­ge­ber eine Frist zur Neu­re­ge­lung spä­tes­tens bis zum 31.12.2019 gesetzt. Nach Ver­kün­dung einer Neu­re­ge­lung dür­fen die bean­stan­de­ten Rege­lun­gen aber noch für wei­te­re fünf Jah­re ab der Ver­kün­dung, längs­tens aber bis zum 31.12.2024, ange­wandt werden.

Beach­ten Sie | Die lan­ge Über­gangs­re­ge­lung ist dem enor­men admi­nis­tra­ti­ven Auf­wand geschul­det. Denn es müs­sen bun­des­weit mehr als 35 Mil­lio­nen Grund­stü­cke neu bewer­tet werden.

3. Gesetz­li­che Neu­re­ge­lung im Überblick 

Ab 2025 wird die Grund­steu­er durch die Kom­mu­nen nach neu­en Regeln erho­ben. Die ers­te Haupt­fest­stel­lung (Fest­stel­lung der neu­en Grund­stücks­wer­te nach neu­em Recht) erfolgt bereits auf den Stich­tag 1.1.2022.

Beach­ten Sie | Die nächs­te dar­auf­fol­gen­de Haupt­fest­stel­lung wird dann auf den 1.1.2029 erfol­gen. Es ist somit von einem sie­ben­jäh­ri­gen Haupt­fest­stel­lungs­zeit­raum auszugehen.

Die Neu­re­ge­lun­gen basie­ren auf drei Geset­zen, denen der Bun­des­tag und Bun­des­rat in 2019 zuge­stimmt haben:

  • Gesetz zur Reform des Grund­steu­er- und Bewertungsrechts,
  • Gesetz zur Ände­rung des Grund­steu­er­ge­set­zes zur Mobi­li­sie­rung von bau­rei­fen Grund­stü­cken für die Bebauung,
  • Gesetz zur Ände­rung des Grundgesetzes.

Das drei­stu­fi­ge Ver­fah­ren (Bewer­tung, Steu­er­mess­be­trag, Hebe­satz der Gemein­de) bleibt erhal­ten. Der bis­he­ri­ge Begriff „Ein­heits­wert“ wird durch den Begriff „Grund­steu­er­wert“ ersetzt.

Neu ist ins­be­son­de­re, dass die Grund­stü­cke nach einem wert­ab­hän­gi­gen Modell bewer­tet wer­den, wobei es vor allem auf fol­gen­de Fak­to­ren ankommt:

  • Wert des Bodens (Boden­richt­wert),
  • Höhe der sta­tis­tisch ermit­tel­ten Nettokaltmiete,
  • Grund­stücks­flä­che,
  • Immo­bi­li­en­art und
  • Alter des Gebäudes.

Beach­ten Sie | Nach der Grund­ge­setz­än­de­rung haben die Bun­des­län­der die Mög­lich­keit, vom Bun­des­recht abwei­chen­de Rege­lun­gen zu tref­fen (soge­nann­te Öffnungsklausel).

4. Öff­nungs­klau­sel für die Bundesländer

Bay­ern hat schon früh im Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren ange­kün­digt, die Grund­steu­er wert­un­ab­hän­gig nach den Flä­chen von Grund­stü­cken und Gebäu­den erhe­ben zu wollen.

Als ers­tes Bun­des­land hat Baden-Würt­tem­berg ein eigen­stän­di­ges Lan­des­ge­setz zur Grund­steu­er ver­ab­schie­det. Dabei han­delt es sich um ein modi­fi­zier­tes Boden­wert­mo­dell, das im Kern auf zwei Kri­te­ri­en basiert: der Grund­stücks­flä­che und dem Boden­richt­wert. Für die Berech­nung wer­den bei­de Wer­te mit­ein­an­der mul­ti­pli­ziert. Auf die Bebau­ung kommt es für die Bewer­tung nicht an. Eine Modi­fi­zie­rung erfolgt anschlie­ßend bei Anwen­dung der Steu­er­mess­zahl: Für über­wie­gend zu Wohn­zwe­cken genutz­te Grund­stü­cke erfolgt ein Abschlag in Höhe von 30 %.

Auch Ham­burg strebt einen eige­nen Weg an und will dabei sowohl die Flä­che als auch die Lage des Grund­stücks berück­sich­ti­gen. Nie­der­sach­sen erwägt ein Modell, das auf dem Flä­chen­mo­dell auf­baut und kom­mu­na­le Lage­fak­to­ren bei der Berech­nung mit ein­flie­ßen lässt.

Das Saar­land will das Bun­des­mo­dell zwar weit­ge­hend über­neh­men. Die Öff­nungs­klau­sel soll aber den­noch genutzt wer­den. Auch Sach­sen und Hes­sen pla­nen dem Ver­neh­men nach mit einer Öffnungsklausel.

Dem­ge­gen­über gibt es in Schles­wig-Hol­stein, Ber­lin, Thü­rin­gen, Rhein­land-Pfalz, Bre­men, Sach­sen-Anhalt und Bran­den­burg Bestre­bun­gen, das wert­ab­hän­gi­ge Kon­zept des Bun­des zu über­neh­men.

Zu den Plä­nen in Nord­rhein-West­fa­len und Meck­len­burg-Vor­pom­mern gibt es noch kei­ne belast­ba­ren Informationen.

Die fol­gen­den Aus­füh­run­gen bezie­hen sich auf das wert­ab­hän­gi­ge Modell (Bun­des­mo­dell).

5. Das zählt zum Grundvermögen

Zum Grund­ver­mö­gen gehö­ren nach § 243 Abs. 1 Bewer­tungs­ge­setz (BewG):

  • der Grund und Boden, das Gebäu­de, sons­ti­ge Bestand­tei­le und das Zubehör,
  • das Erb­bau­recht,
  • das Woh­nungs­ei­gen­tum und das Teileigentum,
  • das Woh­nungs­erb­bau­recht und das Tei­lerb­bau­recht nach § 30 Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes.

 

5.1. Unbe­bau­te Grundstücke

Nach § 247 Abs. 1 S. 1 BewG bestimmt sich der Grund­steu­er­wert unbe­bau­ter Grund­stü­cke regel­mä­ßig nach ihrer Flä­che und den Boden­richt­wer­ten (Flä­che x Bodenrichtwert).

Hier­mit wur­de also eine fort­schrei­tend wert­ab­hän­gi­ge Kom­po­nen­te ein­ge­führt, denn die Boden­richt­wer­te sind auf den jewei­li­gen Haupt­fest­stel­lungs­zeit­punkt (1.1.2022, 1.1.2029 etc.) aktua­li­siert zu ermitteln.

5.2. Bebau­te Grundstücke

Bei der Bewer­tung bebau­ter Grund­stü­cke sind nach § 249 BewG fol­gen­de Grund­stücks­ar­ten zu unterscheiden:

  • Ein­fa­mi­li­en­häu­ser,
  • Zwei­fa­mi­li­en­häu­ser,
  • Miet­wohn­grund­stü­cke,
  • Woh­nungs­ei­gen­tum,
  • Teil­ei­gen­tum,
  • Geschäfts­grund­stü­cke,
  • gemischt genutz­te Grund­stü­cke und
  • sons­ti­ge bebau­te Grundstücke.
Mer­ke | Es hängt von der Grund­stücks­art ab, ob das Ertrags­wert- oder Sach­wert­ver­fah­ren gilt. Zudem hängt die Zuord­nung der jewei­li­gen Steu­er­mess­zahl von der Grund­stücks­art ab.

 

6. Bebau­te Grund­stü­cke im Ertragswertverfahren

Nach § 250 Abs. 2 BewG wer­den fol­gen­de bebau­te Grund­stü­cke im Ertrags­wert­ver­fah­ren bewertet:

  • Ein- und Zweifamilienhäuser,
  • Miet­wohn­grund­stü­cke und
  • Woh­nungs­ei­gen­tum.

Beach­ten Sie | Nach § 251 Abs. 1 BewG darf der für das bebau­te Grund­stück anzu­set­zen­de Wert nicht gerin­ger sein als 75 % des Werts, mit dem der Grund und Boden allein als unbe­bau­tes Grund­stück zu bewer­ten wäre.

Das typi­sier­te Ertrags­wert­ver­fah­ren stellt sich nach den §§ 252 bis 257 BewG sche­ma­tisch wie folgt dar:

Ermitt­lung nach dem Ertragswertverfahren
jähr­li­cher Roh­ertrag (§ 254 BewG, Anla­ge 39 zum BewG)
./. nicht umla­ge­fä­hi­ge Bewirt­schaf­tungs­kos­ten (§ 255 BewG, Anla­ge 40 zum BewG)
= jähr­li­cher Rein­ertrag (§ 253 Abs. 1 BewG)
× Vervielfältiger/Barwertfaktor (§ 253 Abs. 2, § 256 BewG, Anla­ge 37 zum BewG)
= Bar­wert des Rein­ertrags (§§ 252, 253 BewG)
+ abge­zins­ter Boden­wert (§ 257 BewG, Anla­ge 41 zum BewG)
= Grund­steu­er­wert (§ 252 BewG)

 


6.1. Ermitt­lung Rohertrag

Nach § 254 BewG ergibt sich der Roh­ertrag des Grund­stücks aus den in Anla­ge 39 zum BewG in Abhän­gig­keit von

  • Bun­des­land,
  • Gebäu­de­art,
  • Woh­nungs­grö­ße und
  • Bau­jahr des Gebäudes

ange­ge­be­nen monat­li­chen Net­to­kalt­mie­ten je Qua­drat­me­ter Wohn­flä­che ein­schließ­lich der nach Miet­ni­veau­stu­fen dif­fe­ren­zier­ten Zu- und Abschläge.

Mer­ke | Für einen Gara­gen­stell­platz (Einzelgarage/Tiefgarage) wird die Net­to­kalt­mie­te mit einem Fest­wert von 35 EUR/Monat angesetzt.

Zur Berück­sich­ti­gung von Miet­ni­veau­un­ter­schie­den zwi­schen Gemein­den eines Lan­des wer­den die vor­be­zeich­ne­ten Net­to­kalt­mie­ten durch Ab- oder Zuschlä­ge (nach Teil II der Anla­ge 39 zum BewG) angepasst.

Es wer­den sechs Miet­ni­veau­stu­fen unterschieden:

  • Miet­ni­veau­stu­fe 1:                               — 22,5 %
  • Miet­ni­veau­stu­fe 2:                               — 10,0 %
  • Miet­ni­veau­stu­fe 3:                                +/– 0 %
  • Miet­ni­veau­stu­fe 4:                               + 10,0 %
  • Miet­ni­veau­stu­fe 5:                               + 20,0 %
  • Miet­ni­veau­stu­fe 6 und höher:              + 32,5 %

Die gemein­de­be­zo­ge­ne Ein­ord­nung in die Miet­ni­veau­stu­fen ergibt sich aus der Rechts­ver­ord­nung zur Durch­füh­rung des § 254 BewG in der aktu­el­len Fassung.

Bei­spie­le
  • Dort­mund (NRW):         3
  • Düs­sel­dorf (NRW):        6
  • Dres­den (Sach­sen): 3

Der­zeit befin­det sich ein „Grund­steu­er­re­form-Umset­zungs­ge­setz“ in der Pipe­line (Regie­rungs­ent­wurf vom 31.3.2021). Vor­ge­se­hen sind u. a. eine Anpassung/Erhöhung der sich aus Anla­ge 39 zum BewG erge­ben­den durch­schnitt­li­chen Net­to­kalt­mie­ten und die Ein­füh­rung einer neu­en Miet­ni­veau­stu­fe 7 auf der Grund­la­ge aktu­el­ler Daten des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes aus dem Mikro­zen­sus 2018. Im Ver­gleich zu den oben auf­ge­führ­ten Miet­ni­veau­stu­fen erge­ben sich fol­gen­de Ände­run­gen: Stu­fe 1: — 20 %, Stu­fe 6: + 30 %, Stu­fe 7: + 40 %.

6.2. Bewirt­schaf­tungs­kos­ten

Für die Ver­wal­tung, Instand­hal­tung und das Miet­aus­fall­wag­nis wer­den pau­scha­lier­te Bewirt­schaf­tungs­kos­ten in % des Roh­ertrags des Grund­stücks nach § 254 BewG abge­zo­gen. Die Pro­zent­sät­ze erge­ben sich in Abhän­gig­keit von der jewei­li­gen Grund­stücks­art und der Rest­nut­zungs­dau­er des Gebäudes.

Die für die Bewirt­schaf­tungs­kos­ten zu berück­sich­ti­gen­de Rest­nut­zungs­dau­er ist grund­sätz­lich der Unter­schieds­be­trag zwi­schen der wirt­schaft­li­chen Gesamt­nut­zungs­dau­er, die sich aus der Anla­ge 38 zum BewG ergibt, und dem Alter des Gebäu­des am Bewer­tungs­stich­tag (§ 253 Abs. 2 S. 3 BewG).

Nach dem Regie­rungs­ent­wurf soll sich die Alters­wert­be­rech­nung bzw. Rest­nut­zungs­dau­er nach dem Haupt­fest­stel­lungs­zeit­punkt rich­ten und nicht nach dem Bewertungsstichtag.

6.3. Ver­viel­fäl­ti­ger

Der Rein­ertrag des Grund­stücks ist mit dem sich aus Anla­ge 37 erge­ben­den Ver­viel­fäl­ti­ger zu kapi­ta­li­sie­ren. Maß­ge­bend für den Ver­viel­fäl­ti­ger sind der Lie­gen­schafts­zins­satz nach § 256 BewG sowie die Rest­nut­zungs­dau­er des Gebäu­des (§ 253 Abs. 2 S. 2 BewG). Bei der Bewer­tung gel­ten nach § 256 Abs. 1 S. 2 BewG fol­gen­de Zinssätze:

  • 2,5 % für Ein- und Zweifamilienhäuser
  • 3 % für Wohnungseigentum
  • 4 % für Miet­wohn­grund­stü­cke mit bis zu sechs Wohnungen
  • 4,5 % für Miet­wohn­grund­stü­cke mit mehr als sechs Wohnungen
Mer­ke | Bei Ein- und Zwei­fa­mi­li­en­häu­sern sowie beim Woh­nungs­ei­gen­tum sind beim Zins­satz nach § 256 Abs. 2 und Abs. 3 BewG ggf. Abschlä­ge vorzunehmen.

 

7. Steu­er­mess­zah­len

Zur Ermitt­lung des Steu­er­mess­be­trags wird der Grund­steu­er­wert mit der Steu­er­mess­zahl mul­ti­pli­ziert. Die­se wird als Pro­mil­le­satz ange­ge­ben und beträgt für bebau­te Grund­stü­cke grund­sätz­lich 0,34 ‰ (§ 15 Abs. 1 GrStG). Wegen der erhöh­ten Net­to­kalt­mie­ten soll der Pro­mil­le­satz nach dem Regie­rungs­ent­wurf auf 0,31 ‰ gesenkt wer­den.

Für bestimm­te Wohn­ge­bäu­de ist nach § 15 GrStG eine Ermä­ßi­gung um 25 % vor­ge­se­hen. Dies gilt z. B. für Grund­stü­cke, für die nach dem Wohn­raum­för­de­rungs­ge­setz eine För­der­zu­sa­ge erteilt wur­de. Wei­te­re Ermä­ßi­gungs­tat­be­stän­de sind in § 15 GrStG aufgeführt.

8. Mus­ter­fall (Ein­fa­mi­li­en­haus)

Fol­gen­de Para­me­ter sol­len gelten:

  • Ein­fa­mi­li­en­haus mit Gara­ge in Wer­ne, NRW, Stich­tag der Bewer­tung: 1.1.2022
  • Grund­stück: 506 qm
  • Boden­richt­wert: 190 EUR/qm
  • Wohnflä­che nach Wohnflä­chen­ver­ord­nung: 134 qm
  • Bau­jahr: 2014
  • Jah­res­roh­mie­te Wohnflä­che — Wert­ver­hält­nis­se 1.1.1964: 4,10 DM/qm pro Monat
  • Jah­res­roh­mie­te Gara­ge — Wert­ver­hält­nis­se 1.1.1964: 25 DM pro Monat
  • Grund­steu­er­he­be­satz der Stadt Wer­ne: 665 %

Zunächst wird die Grund­steu­er nach den alten Vor­ga­ben ermit­telt. Im Anschluss wird die neue Grund­steu­er berechnet:

8.1. Grund­steu­er (alt)

Ermitt­lung des Ein­heits­werts (1.1.1964)
Jah­res­roh­mie­te Woh­nung (134 qm × 4,10 DM × 12) 6.592 DM
Jah­res­roh­mie­te Gara­ge (Fest­wert 25 DM × 12) 300 DM
Gesamt­jah­res­roh­mie­te 6.892 DM
Grund­stücks­wert (Gesamt­jah­res­roh­mie­te 6.892 DM × Ver­viel­fäl­ti­ger 11,8) Ver­viel­fäl­ti­ger gemäß Anla­ge 7 zum BewG, Gemein­de­grö­ßen­klas­se 4, Bau­aus­füh­rung A 81.325 DM
Ein­heits­wert (gerun­det auf vol­le 100 DM nach unten) 81.300 DM
Ein­heits­wert in EUR lt. Einheitswertbescheid  41.568 EUR
Ermitt­lung des Grundsteuermessbetrags
Ein­heits­wert 41.568,00 EUR
davon 38.346,89 EUR × Steu­er­mess­zahl 2,6 ‰ 99,70 EUR
davon 3.221,11 EUR × Steu­er­mess­zahl 3,5 ‰ 11,27 EUR
Sum­me Steuermessbetrag 110,97 EUR
Ermitt­lung Grundsteuer
Mess­be­trag 110,97 EUR × Hebe­satz (665 %) 737,95 EUR

 

8.2. Grund­steu­er (neu)


lin­ke Spal­te (1): Zah­len nach der­zei­ti­gem Rechtsstand

rech­te Spal­te (2): Zah­len nach den Maß­ga­ben des Regierungsentwurfs 

Ermitt­lung des Grundsteuerwerts
EUR/qm (1) EUR/qm (2)
gesetz­lich nor­mier­te durch­schnitt­li­che Net­to­kalt­mie­te für NRW (Anla­ge 39 zum BewG, Teil I) 6,03 EUR 6,88 EUR
Zu-/Ab­schlag für Wer­ne nach der Miet­ni­veau­stu­fe 3 (0 %)

Zu-/Ab­schlag für Wer­ne nach der Miet­ni­veau­stu­fe 2 (- 10 %) (Anla­ge 39 zum BewG, Teil II)

0,00 EUR –0,69 EUR
monat­li­che Nettokaltmiete 6,03 EUR 6,19 EUR
jähr­li­cher Roh­ertrag EFH (6,03/6,19 EUR × 134 qm × 12) 9.696 EUR 9.954 EUR
jähr­li­cher Roh­ertrag Gara­ge (35 EUR × 12) 420 EUR 420 EUR
Sum­me jähr­li­cher Rohertrag 10.116 EUR 10.374 EUR
Bewirt­schaf­tungs­kos­ten (10.116/10.374 EUR × 18 %) Rest­nut­zungs­dau­er 72 Jah­re bei einer Gesamt­nut­zungs­dau­er von 80 Jah­ren lt. Anla­ge 38 zum BewG – 1.820 EUR – 1.867 EUR
jähr­li­cher Reinertrag 8.296 EUR 8.507 EUR
Ver­viel­fäl­ti­ger = 33,24 (Anla­ge 37 BewG, RND 72 Jah­re und Lie­gen­schafts­zins­satz 2,5 %, kei­ne Zins­satz­an­pas­sung, da der Boden­richt­wert 500 EUR nicht übersteigt)
Bar­wert des Rein­ertrags (8.296/8.507 EUR × 33,24) 275.759 EUR 282.773 EUR
Boden­wert (506 qm × 190 EUR × 1,00); Umrech­nungs­ko­e­ffi­zi­ent 1,00 96.140 EUR 96.140 EUR
Abge­zins­ter Boden­wert (96.140 EUR × 0,1690) Abzin­sungs­fak­tor nach Anla­ge 41 zum BewG, RND 72 Jah­re und Lie­gen­schafts­zins­satz 2,5 % 16.247 EUR 16.247 EUR
Grund­steu­er­wert (abge­zins­ter Boden­wert + Bar­wert des Reinertrags) 292.006 EUR 299.020 EUR
Min­dest­wert (§ 251 BewG): Boden­wert 96.140 EUR × 75 % = 72.105 EUR; kein Ansatz, da nied­ri­ger als Grundsteuerwert
Grund­steu­er­wert (Abrun­dung auf vol­le 100 EUR) 292.000 EUR 299.000 EUR
Ermitt­lung des Grundsteuermessbetrags
Grund­steu­er­wert 292.000 EUR × Steu­er­mess­zahl 0,34 ‰ Grund­steu­er­wert 299.000 EUR × Steu­er­mess­zahl 0,31 ‰ 99,28 EUR 92,69 EUR
Ermitt­lung Grundsteuer
Mess­be­trag 99,28/92,69 EUR × Hebe­satz (665 %) 660,21 EUR 616,39 EUR
Fazit | Der Ver­gleich (alt: 737,95 EUR; neu: 660,21 bzw. 616,39 EUR) zeigt, dass sich wegen der her­ab­ge­setz­ten Steu­er­mess­zah­len nicht zwin­gend eine höhe­re Grund­steu­er ergibt.

 

9. Bebau­te Grund­stü­cke im Sachwertverfahren

Das Sach­wert­ver­fah­ren ist für Geschäfts­grund­stü­cke, gemischt genutz­te Grund­stü­cke, Teil­ei­gen­tum und sons­ti­ge bebau­te Grund­stü­cke maß­geb­lich. Im Sach­wert­ver­fah­ren ist der Wert der Gebäu­de (Gebäu­de­sach­wert) getrennt vom Boden­wert zu ermit­teln (§ 258 Abs. 1 BewG). Eine sche­ma­ti­sche Über­sicht zum typi­sier­ten (ver­ein­fach­ten) Sach­wert­ver­fah­ren nach den §§ 258 bis 260 BewG ent­hält die Geset­zes­be­grün­dung (BT-Drs. 19/11085 vom 25.6.2019).

10. Die neue Grund­steu­er C

Nach § 25 Abs. 5 GrStG kön­nen Gemein­den aus städ­te­bau­li­chen Grün­den für bau­rei­fe, aber unbe­bau­te Grund­stü­cke einen höhe­ren Hebe­satz fest­le­gen, wenn auf die­sen kei­ne Bebau­ung erfolgt (Grund­steu­er C). Betrof­fen sind unbe­bau­te Grund­stü­cke, die der Grund­steu­er­pflicht unter­lie­gen und inner­halb oder außer­halb eines Plan­ge­biets trotz Bau­rei­fe nicht bau­lich genutzt wer­den. Dabei sol­len Hin­de­rungs­grün­de zivil­recht­li­cher Art, die einer sofor­ti­gen Bebau­ung ent­ge­gen­ste­hen, bei der Beur­tei­lung der Bau­rei­fe außer Betracht bleiben.

Beach­ten Sie | Die Gemein­de soll nach pflicht­ge­mä­ßem Ermes­sen ent­schei­den, ob eine beson­de­re Nach­fra­ge nach Bau­land besteht und wel­che steu­er­li­che Belas­tung den Grund­stücks­ei­gen­tü­mern auf­er­legt wer­den soll.

Fazit | Das Gesamt­auf­kom­men der Grund­steu­er soll sich nach den Vor­stel­lun­gen des Gesetz­ge­bers nicht ver­än­dern. Fest steht aber, dass eini­ge Bür­ger mehr und ande­re weni­ger zah­len müs­sen. Ver­lie­rer und Gewin­ner ste­hen aber noch nicht fest. Denn dies hängt zum einen davon ab, ob das jewei­li­ge Bun­des­land von der Öff­nungs­klau­sel Gebrauch machen wird. Zudem bleibt abzu­war­ten, ob bzw. wel­che Kom­mu­nen ihre Hebe­sät­ze anpas­sen werden.

 

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