Ein aktuelles Urteil sorgt für erhebliche Unruhe bei Geschäftsleitern: Das Gericht stellt in einem Grundsatzurteil die Deckungspflicht von D&O‑Versicherungen bei Verstößen gegen das insolvenzrechtliche Zahlungsverbot (§ 15b InsO) infrage. Im Kern geht es um Zahlungen, die nach Eintritt der sogenannten Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) vorgenommen wurden.
Bisher galt: Die D&O‑Versicherung schützt auch bei solchen Pflichtverletzungen – es sei denn, der Geschäftsführer handelte wissentlich rechtswidrig. Genau hier setzt das OLG Frankfurt an und wählt eine neue Richtung: Jede Zahlung nach Insolvenzreife soll automatisch als wissentlicher Verstoß gelten. Die Folge: Der Versicherungsschutz entfällt – ohne dass der Versicherer konkret belegen muss, dass der Geschäftsführer von der Insolvenz wusste.
Für Geschäftsführer bedeutet das ein erhebliches Haftungsrisiko. In der Praxis sind viele D&O‑Verträge gerade auch für Krisenzeiten abgeschlossen worden – etwa um persönliche Haftung bei drohender Insolvenz abzufedern. Wird der Versicherungsschutz nun durch eine bloße Beweisvermutung ausgehebelt, droht im Ernstfall der vollständige Verlust des Schutzes – und damit eine existenzielle persönliche Haftung.
Die Entscheidung ist heftig umstritten. Juristen und Praktiker kritisieren, dass das Gericht pauschal Wissen über die Insolvenzreife unterstellt – ohne Rücksicht auf tatsächliche Informationslage oder interne Abläufe. Zudem widerspricht der Ansatz dem bisherigen Verständnis der Versicherungsbedingungen, die auch insolvenzbezogene Pflichtverletzungen abdecken.
Immerhin: Gegen das Urteil ist Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Bis zur Klärung gilt für Geschäftsführer: Vorsicht und Dokumentation sind entscheidend. Wer rechtzeitig die wirtschaftliche Lage analysiert, Zahlungen gut begründet und rechtlich begleiten lässt, stärkt seine Position – und sichert im Zweifel auch den Versicherungsschutz ab.
Quelle: OLG Frankfurt, Urteil vom 05.03.2025, Az. 7 U 134/23
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