Home-Office nach der ab 27.1.2021 geltenden Corona-Arbeitsschutzverordnung
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat eine spezielle “Corona-Arbeitsschutzverordnung” zum Arbeitsschutz für einen befristeten Zeitraum ab dem 27.1.2021 bis zum 15.3.2021 erlassen. Hieraus ergeben sich für die Arbeitsvertragsparteien folgende Rechte und Pflichten:
1. Gefährdungsbeurteilung
Nach § 5 Abs. 1 ArbSchG hat der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundene Gefährdung zu ermitteln und nach § 6 ArbSchG zu dokumentieren. Aufgabe des Arbeitgebers ist zunächst, herauszufinden, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind, die Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes zu überprüfen und zu aktualisieren.
Auf dem Ergebnis dieser Prüfung hat der Arbeitgeber alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um betriebsbedingte Personenkontakte zu reduzieren. Ziel der Verordnung soll sein, die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen auf ein betriebsnotwendiges Minimum zu verringern und betriebsbedingte Zusammenkünfte mehrerer Personen durch die Verwendung von Informationstechnologie möglichst zu ersetzen.
2. Pflicht zum Angebot einer Tätigkeit im Homeoffice
Nach § 2 Abs. 4 der Verordnung hat der Arbeitgeber den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine „zwingenden betriebsbedingten Gründe“ entgegenstehen
a)
Homeoffice ist für diejenigen Arbeitnehmer ausgeschlossen, die nicht ganz oder weit überwiegend mit Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten befasst sind. Das BMAS nennt exemplarisch Arbeitsplätze in den Bereichen Produktion, Dienstleistung, Handel oder Logistik.
b)
Als zur Büroarbeit vergleichbare Tätigkeiten definiert das BMAS „in der Regel alle Tätigkeiten, die geeignet sind, unter Verwendung von Informationstechnologie aus dem Privatbereich der Beschäftigten durchgeführt werden zu können. Im Einzelfall können hierunter auch Tätigkeiten fallen, die ohne Informationstechnologie von zu Hause erbracht werden können.“
c)
Nach Auffassung des BMAS ist von zwingenden betrieblichen Gründen immer dann auszugehen, wenn sich die Tätigkeiten zwar grundsätzlich für die Ausführung im Homeoffice eignen, sie aber aus „belegbaren und nachvollziehbaren betriebstechnischen Gründen“ nicht von zu Hause aus erbracht werden können, insbesondere, „weil ansonsten der übrige Betrieb nur eingeschränkt oder gar nicht aufrechterhalten werden kann“. Setzt also die Tätigkeit zwingend die Anwesenheit im Büro voraus, scheidet eine Homeoffice-Tätigkeit aus.
Zwingende betriebliche Gründe sind im Übrigen immer dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer in seiner privaten Wohnung datenschutzrechtliche Vorgaben nicht einhalten kann, insbesondere, sofern Familienmitglieder oder sonstige Mitbewohner Zugriff auf Daten und Informationen haben könnten. Dies bedeutet aber auch, dass vor allem diejenigen Arbeitnehmer, die mit besonders sensiblen Daten (z.B. Gesundheitsdaten, Mandantendaten) befasst sind, an ihrem Heimarbeitsplatz ein Datenschutzniveau sicherstellen müssen, das dem des Betriebs entspricht. Andernfalls entfällt auch für sie das Recht auf Homeoffice.
Technische oder organisatorische Gründe und Versäumnisse (Nichtverfügbarkeit benötigter IT-Ausstattung, unzureichende Qualifizierung der betroffenen Beschäftigten) sollen nach Auffassung des BMAS allenfalls befristet bis zur umgehenden Beseitigung des Verhinderungsgrunds als zwingende betriebliche Gründe angeführt werden können.
3. Durchsetzbarkeit des Rechts auf Homeoffice
a)
Ein subjektives Klagerecht von Beschäftigten auf eine Homeoffice-Tätigkeit wird durch die Verordnung nicht begründet.
Arbeitnehmer können sich an die Arbeitsschutzbehörden der Länder sowie die Unfallversicherungsträger wenden, die die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben kontrollieren. Diese könnten gem. § 22 ArbSchG vom Arbeitgeber oder von den verantwortlichen Personen die Durchführung von Homeoffice verlangen und – bei Nichtbeachtung der Anordnung — die von der Anordnung betroffene Arbeit untersagen und eine Geldbuße verhängen.
b)
In mitbestimmten Betrieben kann ein Betriebsrat nach § 87 Abs.1 Nr. 1, 6 und 7 BetrVG verlangen, dass eine Betriebsvereinbarung oder Regelungsabrede getroffen wird, die die Ausgestaltung der Home-Office-Verpflichtung regelt.
4. Fazit:
Arbeitgeber haben die Pflicht, die Einrichtung eines Home-Office-Arbeitsplatzes zu prüfen und bei entsprechender Geeignetheit den Arbeitnehmern befristet Homeoffice-Arbeitsplätze anzubieten. Sie können dies nur dann unterlassen bzw. das Verlangen des Arbeitnehmers auf Arbeit im Homeoffice nur dann ablehnen, wenn „zwingende betriebsbedingte Gründe“ vorliegen.
Liegen die Voraussetzungen für eine Tätigkeit im Homeoffice vor und stehen keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegen, ist dem Arbeitnehmer die Tätigkeit im Homeoffice anzubieten.
Allerdings kann die Tätigkeit im Homeoffice dem Arbeitnehmer nicht gegen dessen Willen aufgezwungen werden und bedarf grundsätzlich der Zustimmung der Arbeitnehmer.
Letztlich verlangt die Verordnung vom Arbeitgeber, dass eine Vereinbarung (Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung) zum Homeoffice zu treffen ist.
5. Bewertung
Für die Arbeitgeber ergibt sich ein hoher Dokumentationsaufwand. Arbeitgeber sollten zwingend sowohl Gefährdungsbeurteilung als auch die schriftlichen Angebote, Vereinbarungen und nicht zuletzt Ablehnungen der Arbeitnehmer dokumentieren.
Sollten einer Home-Office-Tätigkeit keine zwingenden Gründe entgegenstehen und sollten die Arbeitnehmer mit Home-Office-Tätigkeit einverstanden sein, wird letztlich eine Vereinbarung hierüber entweder mit den Arbeitnehmern oder dem Betriebsrat zu treffen sein.
Bei einer solchen Vereinbarung ist bspw. zu denken an
— nach dem ArbZG geltende Höchstarbeitszeiten, Pausen und Ruhepausen und
— Regelungen zu Ausstattung und Kostentragung des Home-Office-Arbeitsplatzes und
— Vorgaben zum Schutz von Unternehmensinformationen und zum Datenschutz und
— Regelungen zur Durchsetzung von Kontrollaufgaben beim mobilen Arbeiten und
— Vorbehalten, den Arbeitnehmer, zum Beispiel zu Besprechungen, in den Betrieb “einbestellen” zu können.
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Christian Rothfuß
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht