Wird Zeiterfassung Pflicht?
Nach § 16 Abs. 2 ArbZG waren Arbeitgeber bisher lediglich verpflichtet, die über acht Stunden hinausgehende werktägliche Arbeitszeit zu erfassen und zu dokumentieren. Die bisherige Arbeitszeiterfassung soll sich ändern: Nach Auffassung des EuGH (Urteil vom 14.5.2019, C‑55/18) müssen künftig alle Zeiten, die Arbeitnehmer an Arbeitszeit leisten, dokumentiert werden. Der EuGH betont die Arbeitnehmerrechte zum Schutz der Gesundheit und entschied, dass die Mitgliedstaaten die Arbeitgeber verpflichten müssen, ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ System einzuführen, mit dem die von jedem Arbeitnehmer täglich geleistete Arbeitszeit gemessen werden kann.
Das EuGH-Urteil richtet sich zwar zunächst an den Gesetzgeber. Es lässt sich dennoch nicht ausschließen, dass Arbeitsgerichte und Behörden Arbeitgeberpflichten nach dem ArbZG i.S.d. EuGH-Urteils erweiternd auslegen, bevor der Gesetzgeber tätig geworden ist. Jedenfalls werden sich Arbeitgeber perspektivisch umstellen und künftig zur genauen Erfassung der Arbeitszeiten die Stunden elektronisch, auf Papier, per App oder Stechuhr festhalten müssen.
Mit diesem Urteil setzt der EuGH seine strenge Rechtsprechung zur Arbeitszeit fort. Mit Urteil vom 21.2.2018 (Az.: C‑518/15) entschied der EuGH, dass Bereitschaftszeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringt und während der er der Verpflichtung unterliegt, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb kurzer Zeit Folge zu leisten, als “Arbeitszeit” anzusehen ist. Ebenfalls Arbeitszeit kann nach einem weiteren für Außendienstler praxisrelevanten Urteil des EuGH vom 10.9.2015 (C‑266/14) auch die Fahrtzeit sein, die ein Arbeitnehmer ohne festen Arbeitsort täglich dafür aufwendet, von seinem Wohnort zu seinem ersten durch den Arbeitgeber bestimmten Kunden sowie von seinem letzten Kunden wieder zu seinem Wohnort zu gelangen.
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