Steuernewsletter November 2021
Hat der Steuerpflichtige die Veräußerung seines Grundstücks „eingefädelt“, liegt grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn er das Grundstück zuvor unentgeltlich auf seine Kinder überträgt, die es dann im Anschluss verkaufen. Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist der Veräußerungsgewinn in diesen Fällen bei den Kindern nach deren steuerlichen (oftmals günstigeren) Verhältnissen zu erfassen.
Darüber hinaus ist in diesem Monat auf folgende Aspekte hinzuweisen:
- Ein „Stimmen-Patt“ begründet keine Betriebsaufspaltung. Zudem führte der Bundesfinanzhof aus, dass dem Gesellschafter die Stimmen seines ebenfalls beteiligten minderjährigen Kindes jedenfalls dann nicht zuzurechnen sind, wenn in Bezug auf dessen Gesellschafterstellung eine Ergänzungspflegschaft besteht.
- Dürfen Arbeitnehmer einen betrieblichen Pkw auch für Privatfahrten nutzen, müssen sie sich häufig an den Kosten beteiligen. Erfolgt eine zeitraumbezogene Zuzahlung zu den Anschaffungskosten, ist diese auf den Zeitraum, für den sie geleistet wird, gleichmäßig zu verteilen. Damit hat der Bundesfinanzhof der anderslautenden Ansicht der Finanzverwaltung eine Absage erteilt.
- Müssen Arbeitnehmer ohne erste Tätigkeitsstätte typischerweise arbeitstäglich von der Wohnung zu einem Arbeitgeber-Sammelpunkt fahren, wird für diese Fahrtkosten nur die Entfernungspauschale gewährt. Bislang war strittig, wann ein solcher Sammelpunkt vorliegt. Der Bundesfinanzhof hat nun für (mehr) Klarheit gesorgt.
Daten für den Monat Dezember 2021 | ||||||||
Steuertermine
Fälligkeit:
Überweisungen (Zahlungsschonfrist):
Scheckzahlungen: Bei Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen! Beiträge Sozialversicherung Fälligkeit Beiträge 12/2021 = 28.12.2021 Verbraucherpreisindex (Veränderung gegenüber Vorjahr)
|
Kein Gestaltungsmissbrauch: Schenkung eines Grundstücks an die Kinder kurz vor dem Verkauf
| Hat der Steuerpflichtige die Veräußerung seines Grundstücks „eingefädelt“, liegt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch vor, wenn er das Grundstück zuvor unentgeltlich auf seine Kinder überträgt, die es dann an den Erwerber veräußern. Der Veräußerungsgewinn ist in diesen Fällen bei den Kindern nach deren (oftmals günstigeren) steuerlichen Verhältnissen zu erfassen. |
Hintergrund: Wurden private Grundstücke nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt, unterliegt der Veräußerungsgewinn der Besteuerung, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
Sachverhalt |
Die Mutter M erwarb 2011 ein Grundstück. Bereits ein Jahr später übertrug sie das Eigentum unentgeltlich jeweils zu hälftigem Miteigentum auf ihre volljährigen Kinder. Diese verkauften das Grundstück noch an demselben Tag. Der Betrag wurde je zur Hälfte an die Kinder ausgezahlt. Die Verkaufsverhandlungen wurden allein durch M geführt. Dadurch, dass nicht die M veräußert hatte, ergab sich unter dem Strich eine Steuerersparnis von rund 14.000 EUR. Das Finanzamt und das Finanzgericht Nürnberg rechneten den Verkaufsgewinn allerdings der M zu, da ein rechtlicher Gestaltungsmissbrauch vorliege. Der Bundesfinanzhof sah das aber anders. |
Bei einem unentgeltlichen Erwerb ist dem Einzelrechtsnachfolger (im Streitfall die Kinder) die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger (im Streitfall die Mutter) nach § 23 Abs. 1 S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zuzurechnen. Diese Regelung dient, so der Bundesfinanzhof, der Verhinderung von Missbräuchen. Denn Anschaffung ist (nur) der entgeltliche Erwerb eines Wirtschaftsguts. Ohne die Regelung des § 23 Abs. 1 S. 3 EStG könnte die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft durch eine unentgeltliche Übertragung auf einen Dritten umgangen werden.
Das Bestreben, Steuern zu sparen, macht für sich allein eine Gestaltung noch nicht unangemessen. Vorliegend ergibt sich ein „Steuervorteil“ allein daraus, dass die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks von Gesetzes wegen akzeptiert wird – mit der Folge, dass ein Veräußerungsgewinn nicht vom Schenker, sondern vom Beschenkten nach dessen persönlichen Verhältnissen versteuert werden muss.
Praxistipp | Im Streitfall ging es um die einkommensteuerlichen Folgen der Gestaltung. Zu beachten ist aber auch, dass eine unentgeltliche Zuwendung Schenkungsteuer auslösen kann. Bei Schenkungen an die Kinder fällt aber nur dann Schenkungsteuer an, soweit die Zuwendung – unter Berücksichtigung von Vorschenkungen innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums – den Freibetrag von 400.000 EUR übersteigt. |
Quelle | BFH-Urteil vom 23.4.2021, Az. IX R 8/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 224334
Spendenabzug bei zweckgebundener Zuwendung
| Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass ein Spendenabzug auch dann möglich ist, wenn die Spende einer konkreten Zweckbindung unterliegt. |
Sachverhalt |
Eine Steuerpflichtige wollte einem im Tierheim lebenden (kaum mehr vermittelbaren) „Problemhund“ durch die dauerhafte Unterbringung in einer gewerblichen Tierpension helfen. Zu diesem Zweck übergab sie bei einem Treffen mit einer Vertreterin eines gemeinnützigen Tierschutzvereins und der Tierpension 5.000 EUR. Der Tierschutzverein stellte eine Spendenbescheinigung aus. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht Köln lehnten einen Spendenabzug ab. Die eingelegte Revision war erfolgreich. |
Ein konkreter Verwendungszweck steht dem steuerlichen Abzug nicht entgegen. Entscheidend ist, dass der Empfänger die Spende nicht annehmen muss. Denn er trifft die Entscheidung, ob und wie er seine steuerbegünstigten Zwecke im Einzelfall fördern möchte.
Im zweiten Rechtsgang wird nun das Finanzgericht unter Heranziehung der Satzung und weiterer Unterlagen feststellen müssen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Dauerunterbringung eines Hundes in einer gewerblichen Tierpension zur Förderung des Tierschutzes in Erwägung zu ziehen ist.
Die notwendige Unentgeltlichkeit der Spende fehlt zwar, wenn sie einer konkreten Person zugutekommen soll und hierdurch letztlich verdeckt Unterhalt geleistet wird. Dies war aber hier nicht der Fall, zumal der Hund der Steuerpflichtigen nicht gehörte.
Quelle | BFH-Urteil vom 16.3.2021, Az. X R 37/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 224728; BFH, PM Nr. 32/21 vom 16.9.2021
Wieder Betrugs-E-Mails im Umlauf
| Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt, Meldung vom 7.9.2021) warnt vor Betrügern, die über die E-Mail-Adresse „steuerzahler@bzst.tax-official.com“ versuchen, an Informationen von Steuerzahlern zu gelangen. Sie versenden E-Mails mit dem Titel „Bekanntmachung über die Steuererklärung“ und behaupten, die Bürger könnten über einen Link weitere Informationen zu ihrem Steuererstattungsanspruch erhalten. Das BZSt warnt davor, hierauf zu reagieren bzw. den Link in der E-Mail zu öffnen. |
Fahrtenbuch bei kleineren Mängeln nicht zu verwerfen
| Kleinere Mängel und Ungenauigkeiten (im Streitfall: Verwendung von Abkürzungen für Kunden und Ortsangaben; fehlende Ortsangaben bei Übernachtung im Hotel; Differenzen aus dem Vergleich zwischen den Kilometerangaben im Fahrtenbuch und laut Routenplaner; keine Aufzeichnung von Tankstopps) führen nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und der Anwendung der 1 %-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind (Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen). |
Beachten Sie | So positiv diese Entscheidung auch ist, Steuerpflichtige sind gut beraten, die hohen Anforderungen, die an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch gestellt werden, zu erfüllen. So muss ein händisch geführtes Fahrtenbuch insbesondere lückenlos und zeitnah geführt werden sowie in gebundener Form vorliegen.
Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 16.6.2021, Az. 9 K 276/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 224711
Geänderte Rechtsprechung: Aktiver Rechnungsabgrenzungsposten auch bei geringer Bedeutung
| Für eine periodengerechte Gewinnermittlung müssen bilanzierende Unternehmen (z. B. eine GmbH) Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) bilden. Ein aktiver RAP ist anzusetzen, wenn Aufwendungen (z. B. Miete) für das nächste Geschäftsjahr bereits im laufenden Jahr bezahlt wurden. Nach neuer Sichtweise des Bundesfinanzhofs (16.3.2021, Az. X R 34/19) sind aktive RAP auch bei geringfügigen Beträgen zu bilden. In einem Beschluss vom 18.3.2010 (Az. X R 20/09) hatte der Bundesfinanzhof dies noch anders gesehen und u. a. ausgeführt, dass die periodengerechte Abgrenzung im Interesse einer Buchführungsvereinfachung nicht übertrieben werden darf. |
Kein steuerfreier Sanierungsgewinn bei Forderungserlass aus eigennützigem Interesse
| Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg liegt kein steuerfreier Sanierungsgewinn im Sinne des § 3a Einkommensteuergesetz (EStG) vor, wenn es dem Gläubiger an der erforderlichen Sanierungsabsicht fehlt. |
Hintergrund: Verzichten Gläubiger auf Forderungen gegenüber einem sanierungsbedürftigen Unternehmen, ist dieser Betrag erfolgswirksam auszubuchen. Unter bestimmten Voraussetzungen können diese Sanierungsgewinne aber nach § 3a EStG steuerfrei bleiben.
Eine unternehmensbezogene Sanierung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses u. a. die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweist. Im Streitfall gelangte das Finanzgericht aber zu der Überzeugung, dass eine Sanierungsabsicht nicht einmal mitentscheidend für den Forderungserlass war. Dem Gläubiger ging es allein um eigennützige Motive, nämlich um die Abwicklung des eigenen Engagements und um die Erzielung eines bestmöglichen Ergebnisses hieraus.
Beachten Sie | Die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof zurückgewiesen.
Quelle | FG Hamburg, Urteil vom 12.6.2020, Az. 5 K 160/17, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 222176; BFH, Beschluss vom 27.11.2020, Az. X B 63/20
Keine Betriebsaufspaltung bei „Stimmen-Patt“
| Es liegt keine Betriebsaufspaltung vor, wenn der das Besitzunternehmen beherrschende Gesellschafter nur über exakt 50 % der Stimmen in der Betriebsgesellschaft verfügt. Nach Meinung des Bundesfinanzhofs sind dem Gesellschafter die Stimmen seines ebenfalls beteiligten minderjährigen Kindes nicht zuzurechnen, wenn in Bezug auf dessen Gesellschafterstellung eine Ergänzungspflegschaft besteht. |
Betriebsaufspaltung
Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn
- ein Unternehmen (Besitzunternehmen) eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zur Nutzung überlässt (= sachliche Verflechtung) und
- eine Person oder mehrere Personen zusammen (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen (personelle Verflechtung).
Praxistipp | Bei einer Betriebsaufspaltung liegen Fluch und Segen dicht beieinander. Einerseits birgt eine unerkannte Betriebsaufspaltung die Gefahr der ungewollten Aufdeckung stiller Reserven, wenn die sachliche oder personelle Verflechtung endet. Denn dann müssen die stillen Reserven der bisher an die Betriebsgesellschaft vermieteten bzw. verpachteten Wirtschaftsgüter (grundsätzlich) aufgedeckt und versteuert werden.
Allerdings kann die Betriebsaufspaltung als Gestaltungselement auch bewusst eingesetzt werden, um z. B. die Haftung zu beschränken. |
Sachverhalt |
Die Steuerpflichtige A und ihre beiden Kinder waren mit dem Tod des Ehemanns und Vaters Gesellschafter der Betriebs-GmbH geworden. Dieser GmbH hatte A ein betrieblich genutztes Grundstück verpachtet. Nachdem A in einer Gesellschafterversammlung, in der eine Ergänzungspflegerin ihren minderjährigen Sohn vertrat, zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt worden war, lag für das Finanzamt eine Betriebsaufspaltung vor. Denn A könne die GmbH, obwohl sie nur 50 % der Stimmen innehabe, wegen ihrer elterlichen Vermögenssorge beherrschen (= personelle Verflechtung). Somit erziele A aus der Verpachtung gewerbliche Einkünfte. Das Finanzgericht Baden-Württemberg und der Bundesfinanzhof sahen das aber anders. |
Sind ein Elternteil und dessen minderjähriges Kind an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt, sind die Stimmen des Kindes jedenfalls dann nicht dem Elternteil zuzurechnen, wenn hinsichtlich der Gesellschafterstellung des Kindes eine Ergänzungspflegschaft angeordnet ist. Eine „Patt-Situation“, bei der ein Gesellschafter nur exakt 50 % der Stimmen der Betriebsgesellschaft hält, reicht grundsätzlich nicht aus. Dies gilt selbst dann, wenn der Gesellschafter die laufende Geschäftsführung innehat (Geschäfte des täglichen Lebens).
Quelle | BFH-Urteil vom 14.4.2021, Az. X R 5/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 224586; BFH, PM Nr. 31/21 vom 9.9.2021
Zeitraumbezogene Zuzahlung für einen zur Privatnutzung überlassenen betrieblichen Pkw
| Dürfen Arbeitnehmer einen betrieblichen Pkw auch für Privatfahrten nutzen, müssen sie sich häufig an den Kosten beteiligen (laufende Kosten oder Beteiligung an den Anschaffungskosten). Der Bundesfinanzhof hat nun klargestellt, wie mit zeitraumbezogenen Zuzahlungen umzugehen ist und hat dabei der Ansicht der Finanzverwaltung eine Absage erteilt. |
Zum Hintergrund: Zahlt der Arbeitnehmer für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Pkw ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Nutzungswert und damit auch den geldwerten Vorteil.
Sachverhalt |
Nach dem Kfz-Überlassungsvertrag musste der Arbeitnehmer für die Anschaffung des Fahrzeugs in 2010 eine einmalige Zuzahlung (20.000 EUR) leisten. Die Zuzahlung erfolgte für einen Zeitraum von 96 Monaten. Bei einer vorzeitigen Rückgabe, einem Verkauf oder Tausch sollten dem Arbeitnehmer für jeden nicht genutzten Monat 1/96 erstattet werden.
Das Finanzamt setzte für die Privatnutzung einen geldwerten Vorteil von 6.876 EUR pro Jahr an (1 % vom Bruttolistenpreis x 12 Monate). Die Zuzahlung verteilte das Finanzamt nicht anteilig auf die Dauer der Nutzungsüberlassung (20.000 EUR/ 96 Monate = 208,33 EUR pro Monat). Vielmehr sei der nach Anrechnung im Zahlungsjahr 2010 verbleibende Zuzahlungsbetrag in den folgenden Jahren auf den Privatnutzungswert (6.876 EUR) anzurechnen. Entsprechend mindere die Einmalzahlung den privaten Nutzungswert nur bis Ende des Jahres 2012 (20.000 EUR ./. 6.876 EUR (für 2010) ./. 6.876 EUR (für 2011) ./. 6.248 EUR (für 2012) = 0 EUR verbleibend). Dieser Sichtweise hat der Bundesfinanzhof aber eine Absage erteilt. |
(Einmal-)Zahlungen, die der Arbeitnehmer für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kfz zeitraumbezogen leistet, sind bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen. Im Streitfall waren sie somit monatlich vorteilsmindernd zu berücksichtigen. Dies gilt – entgegen der Verwaltungssichtweise – auch bei Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur Privatnutzung überlassenen Kfz.
Quelle | BFH, Beschluss vom 16.12.2020, Az. VI R 19/18, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 223086
Das häusliche Arbeitszimmer in Coronazeiten
| Wegen der Coronapandemie arbeiten viele Arbeitnehmer in ihrem häuslichen Arbeitszimmer. Hier stellt sich die Frage, ob bzw. in welcher Höhe die Kosten für das Arbeitszimmer als Werbungskosten abziehbar sind. Coronabedingt hat das Bundesfinanzministerium nun Sonderregelungen bekanntgegeben. |
Hintergrund: Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind wie folgt abziehbar:
- Bis zu 1.250 EUR jährlich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht,
- ohne Höchstgrenze, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Dem Arbeitnehmer steht auch dann kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, wenn er die Entscheidung über das Tätigwerden im häuslichen Arbeitszimmer ohne eine ausdrückliche (schriftliche) Anweisung des Arbeitgebers getroffen hat und er der Empfehlung der Bundesregierung/der Länder gefolgt ist. Als Zeit der Coronapandemie wird dabei der Zeitraum vom 1.3.2020 bis zum 31.12.2021 angenommen.
Für den Tätigkeitsmittelpunkt ist der qualitative Schwerpunkt der Betätigung maßgeblich. In der Coronazeit ist davon auszugehen, dass die Arbeiten im Betrieb und im Arbeitszimmer qualitativ gleichwertig sind, sodass die zeitlichen Aspekte entscheidend sind.
Beispiel |
Ein Arbeitgeber gestattet nur eine Person pro Großraumbüro. Arbeitnehmer AN verfügt über ein häusliches Arbeitszimmer und arbeitet fortan an drei Tagen pro Woche zu Hause. Folge: AN kann die Kosten für sein Arbeitszimmer ohne Höchstgrenze absetzen.
Beachten Sie | Alternativ (oder ohne häusliches Arbeitszimmer) kommt eine Homeoffice-Pauschale von 5 EUR für jeden Tag in Betracht, an dem die Tätigkeit ausschließlich in der Wohnung ausgeübt wird (max. 600 EUR im Jahr). |
Quelle | BMF, Schreiben vom 9.7.2021, Az. IV C 6 - S 2145/19/10006 :013, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 224440
Fahrten zum Sammelpunkt: In diesen Fällen gilt die Entfernungspauschale
| Die Entfernungspauschale kann auch ohne erste Tätigkeitsstätte relevant sein. Betroffen sind die Fälle, in denen der Arbeitnehmer aufgrund arbeitsvertraglicher Festlegungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort (Sammelpunkt) oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufsuchen muss. Mit den Voraussetzungen hat sich der Bundesfinanzhof nun (erstmals) näher befasst. |
Hintergrund
Für die Berücksichtigung von Verpflegungspauschalen oder Übernachtungskosten hat die Festlegung als Sammelpunkt oder weiträumiges Tätigkeitsgebiet keinen Einfluss, da der Arbeitnehmer weiterhin auswärts beruflich tätig wird. Vielmehr legt die Regelung des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) „nur“ die Anwendung der Entfernungspauschale für die Fahrtkosten von der Wohnung zu dem Sammelpunkt (bzw. zu dem nächstgelegen Zugang zum Tätigkeitsgebiet) fest. Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen sind hier nicht möglich.
Sachverhalt |
Ein Baumaschinenführer gelangte zu den jeweiligen Arbeitsorten (Baustellen) entsprechend einer betriebsinternen Anweisung jeweils mit einem Sammelfahrzeug seines Arbeitgebers. Dies betraf sowohl Fahrten mit täglicher Rückkehr als auch Fahrten zu sonstigen Arbeitsorten, an denen er (mehrtägig) übernachtete. Die Einsätze auf den „Fernbaustellen“ dauerten in der Regel die gesamte Woche. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrten zur Sammelstelle nur mit der Entfernungspauschale. |
Bundesfinanzhof stellt wichtige Punkte heraus
Ob ein Arbeitnehmer (ohne erste Tätigkeitsstätte) zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hat, wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Entscheidend ist hier die ex ante-Sicht (also die Sicht im Voraus).
Das Wort „typischerweise“ verlangt nicht, dass der Arbeitnehmer den vom Arbeitgeber bestimmten Ort oder das Gebiet im Veranlagungszeitraum ausnahmslos aufsuchen muss. Es ist nur erforderlich, dass er ihn nach der Anweisung „typischerweise arbeitstäglich“ aufzusuchen hat. Es kommt nicht darauf an, dass hierbei eine bestimmte prozentuale oder tageweise Grenze überschritten wird. Maßgebend ist, ob der Arbeitnehmer den Ort in der Regel aufsuchen muss. Ausnahmen sind durchaus möglich (z. B. unvorhergesehener Einsatz).
Ein dauerhaftes Aufsuchen liegt nach der gesetzlichen Definition vor, wenn die Anordnung des Arbeitgebers zum Aufsuchen desselben Orts oder desselben weiträumigen Tätigkeitsgebiets unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus erfolgt.
Weil das Finanzgericht Thüringen (Vorinstanz) einen Sammelpunkt im Sinne des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG allein wegen der Anzahl der dorthin unternommenen Fahrten im Verhältnis zu den Gesamtarbeitstagen des Steuerpflichtigen angenommen hat, hat der Bundesfinanzhof den Fall zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.
Das Finanzgericht muss nun im zweiten Rechtsgang aufklären, ob der Steuerpflichtige den Sammelpunkt auch typischerweise arbeitstäglich aufsuchen sollte. Ob dies der Fall ist, wird entscheidend davon abhängen, ob von vornherein feststand, dass der Steuerpflichtige nicht nur auf eintägigen Baustellen eingesetzt werden würde, sondern auch auf mehrtägigen Fernbaustellen. Hierfür kann auch die Betriebsstruktur des Arbeitgebers eine Rolle spielen. Ist dies der Fall, läge aus der ex ante-Sicht kein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen des Betriebssitzes des Arbeitgebers vor.
Quelle | BFH-Urteil vom 19.4.2021, Az. VI R 6/19, unter http://www.iww.de, Abruf-Nr. 224144