Das Urlaubsrecht ist komplex und weiterhin ein Dauerbrenner für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Grundsatz des Bundesurlaubsgesetzes (§ 7 Abs. 3 BUrlG) wäre eigentlich recht einfach: Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist auf das Kalenderjahr befristet und verfällt am Jahresende, bzw. spätestens am 31.03. des Folgejahres, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht genommen werden kann.
Von diesem Grundsatz abweichend hat das BAG (9 AZR 423/16) entschieden, dass der Verfall von Urlaubsansprüchen von der Erfüllung von Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers abhängig ist. Danach erlischt der gesetzliche Urlaubsanspruch am Ende des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraums nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Wiederum vom gesetzlichen Grundsatz abweichend hatte das BAG (9 AZR 353/10) im Hinblick auf den Verfall von Urlaub langfristig erkrankter Arbeitnehmer entschieden, dass die gesetzlichen Urlaubsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit übertragen werden und erst 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres verfallen.
Ungeklärt war bislang die Frage, ob die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers auch dann bestehen, wenn Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen (z.B. wegen Krankheit oder Bezug einer Erwerbsminderungsrente) an der Arbeitsleistung gehindert waren. Auch hier scheint sich eine für Arbeitgeber nachteilige Entscheidung abzuzeichnen: Aus dem Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH vom 17.03.2022 ist zu erwarten, dass der Arbeitgeber seinen Teil dazu beitragen muss, damit der gesetzliche Urlaub gestrichen werden kann. So müsse er den Arbeitnehmer auch auf entsprechende Fristen hinweisen.
Arbeitgebern ist zu empfehlen, zur Jahresmitte alle Mitarbeiter auf den jeweils konkret bestehenden Urlaubsanspruch hinzuweisen und unter Hinweis auf die Verfallsfolgen aufzufordern, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen.
Veranstaltungstipp
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Christian Rothfuß stellt Ihnen in der kostenfreien Veranstaltung „Urlaubsrecht im Praxisüberblick“ am Donnerstag, 28.04.2022, 18:00 Uhr in der Kanzlei BSKP Dresden und am Mittwoch, 27.04.2022, 18:00 in der Kanzlei BSKP Chemnitz die relevanten Grundlagen und die Besonderheiten von Urlaubsanspruch, Urlaubsübertragung und zur Urlaubsabgeltung dar und gibt Ihnen wertvolle Hinweise zur Gestaltung der arbeitsvertraglichen Urlaubsregelungen.
Wir bitten um vorherige Anmeldung:
Die Verhaltensregeln zum Schutz vor dem Corona-Virus werden streng eingehalten.
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