06.07.2020
Update: Neuer Bußgeldkatalog außer Kraft!!!
Wie wir bereits berichtet hatten, ist im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur 54. Änderungsverordnung der Straßenverkehrsordnung ein formaler Fehler zu verzeichnen. In unserem letzten Artikel hatten wir die Frage aufgeworfen, ob/wie der Gesetzgeber, die Bußgeldstellen und Gerichte damit umgehen. Nun ist es offiziell:
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat die Bundesländer am Donnerstag, den 02.07.2020, dazu aufgefordert, zunächst wieder die alten Regeln/den alten Bußgeldkatalog anzuwenden, weil es nach Einschätzung seines Ministeriums einen Formfehler bei der neuen Straßenverkehrsordnung gegeben hat.
Zwischenzeitlich haben alle Bundesländer erklärt, zum alten Bußgeld-Katalog zurückzukehren. Die verschärften Fahrverbote (ab 21 km/h innerorts bzw. 26 km/h außerorts) sind damit erstmals außer Kraft.
Was bedeutet dies nun für Betroffene?
Betroffene, denen (noch) einen Bußgeldbescheid mit den verschärften Neuregelungen zugegangen ist, sollten – jedenfalls im Falle der Verhängung eines Fahrverbotes – innerhalb der 2‑wöchigen Frist Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen, um diesen nicht rechtskräftig werden zu lassen.
Sollte bereits ein (abweisendes) Urteil über den Einspruch ergangen sein, ist dringend zu empfehlen, gegen dieses Urteil Rechtsmittel (Rechtsbeschwerde bzw. Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde) einzulegen.
Sollte die Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid bzw. des Rechtsmittels gegen ein Urteil des Amtsgerichts schon vergangen sein, empfiehlt es sich, unverzügliche eine Wiederaufnahme des Verfahrens anzustreben oder zumindest – unter Berufung auf die Unwirksamkeit der Verordnung – ein sogenanntes Gnadengesuch zu stellen.
03.07.2020
Neuer Bußgeldkatalog unwirksam?! Dürfen Fahrverbote noch verhängt werden?
Am 28.04.2020 trat der neue Bußgeldkatalog mit einer erheblichen Verschärfung für Autofahrer in Kraft. Selbst für „Ersttäter“ droht seitdem beispielsweise schon bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts um 21 km/h (bislang 31 km/h) und/oder einer Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts um 26 km/h (bislang 41 km/h) ein 1‑monatiges Fahrverbot.
Aber sind die Änderungen/Verschärfungen in der Straßenverkehrsordnung (StVO) und im Bußgeldkatalog durch die sogenannte StVO-Novelle 2020 überhaupt wirksam? Vor allem hinsichtlich der o.g. Änderungen bei den Fahrverboten bestehen daran Zweifel.
Hintergrund hierfür ist die – wohl zu verzeichnende – Verletzung des sogenannten Zitiergebotes im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens. Das (verfassungsrechtliche) Zitiergebot verlangt, dass die dem Erlass einer Verordnung zugrundeliegende Ermächtigungsgrundlage genannt wird. In der 54. ÄnderungsVO ‒ der StVO-Novelle 2020 ‒ werden aber in der Präambel, 3. Spiegelstrich nur § 26 a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 StVG und nicht auch § 26 a Abs. 1 Nr. 3 StVG genannt. Das wäre für eine Änderung oder Neueinführung von Regelfahrverboten aber erforderlich gewesen.
Argumentiert wird nunmehr wie folgt:
Wenn der Staat – wie hier mit Fahrverboten ab 21 km/h bzw. 26 km/h – die Freiheit der Menschen einschränkt, muss er das in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Zitiergebot beachten, also die dem Erlass zugrundeliegende Rechtsgrundlage benennen. Und gerade die wichtige Verschärfung des Fahrverbotes ist wohl bei dieser Nennung (versehentlich?!) untergegangen – denn § 26a Abs. 1 Nr. 3 StVG bleibt unerwähnt.
Das Bundesverfassungsgericht war in der Vergangenheit bei solchen Fehlern streng. Demnach führt ein Verstoß zur Nichtigkeit der Verordnung. Es bleibt abzuwarten, ob und wie der Gesetzgeber, die Bußgeldstellen und die Gerichte hierauf reagieren.
Für Betroffene empfiehlt es sich jedenfalls – gerade bei der Verhängung eines Fahrverbotes – Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid einzulegen, um diesen nicht rechtskräftig werden zu lassen.
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