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DIE NEUE HOAI KOMMT 2021

Bau- und Immobilienrecht Recht

Am 04.07.2019 hat­te der Euro­päi­sche Gerichts­hof (EuGH) geur­teilt, dass das zwin­gen­de Preis­recht, z.B. die ver­bind­li­chen Min­dest- und Höchst­sät­ze der HOAI, gegen gel­ten­des Euro­pa­recht ver­stößt. Die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land (BRD) war daher ver­pflich­tet, schnellst­mög­lich Abhil­fe zu schaf­fen. Hier­zu wur­de ein Geset­zes­ent­wurf für die Ände­rung der bestehen­den HOAI auf den Weg gebracht und am 16.09.2020 durch das Bun­des­ka­bi­nett beschlos­sen. Auch der Bun­des­tag hat dem Ent­wurf zur Ände­rung des Archi­tek­ten- und Inge­nieur­leis­tungs­ge­set­zes (Arch­LG) am 8.10.2020 zuge­stimmt, die­se Anpas­sung ist für die geplan­te Neu­fas­sung der HOAI erforderlich.
Nach der weg­wei­sen­den Ent­schei­dung des EuGH vom 4. Juli 2019 zum Ver­stoß gegen EU-Recht durch Min­dest- und Höchst­sät­ze hat der Gesetz­ge­ber jetzt den Grund­stein für die Ände­rung der HOAI gelegt. Auf Initia­ti­ve der berufs­stän­di­schen Ver­ei­ni­gun­gen wur­de in § 1 Abs. 1 Arch­LG die For­mu­lie­rung „zur Ermitt­lung ange­mes­se­ner Hono­ra­re“ auf­ge­nom­men. Hin­ter­grund ist der Wunsch, auch ohne Min­dest- und Höchst­sät­ze deut­lich zu machen, dass sich qua­li­täts­si­chern­de und fai­re Hono­ra­re an den Vor­ga­ben der HOAI orientieren.
Aus Sicht der Archi­tek­ten und Inge­nieu­re bedau­er­lich ist, dass die HOAI sel­ber kei­ne Rege­lung ent­hält, wonach ver­ein­bar­te Hono­ra­re einer Ange­mes­sen­heits­prü­fung unterliegen.

Dem Urteil des EuGH fol­gend wird es künf­tig kei­ne ver­bind­li­chen Min­dest- und Höchst­sät­ze, also kein zwin­gen­des Preis­recht mehr geben.

Die wich­tigs­ten Inhalte:

  • Min­dest- und Höchst­sät­ze fal­len weg. Für den Fall, dass kei­ne Hono­rar­ver­ein­ba­rung getrof­fen wur­de, gibt es einen „Basis­ho­no­rar­satz“, auf den zurück­ge­grif­fen wird und der dem bis­he­ri­gen Min­dest­satz entspricht.
  • Die Hono­rar­ta­feln wer­den bei­be­hal­ten; sie haben in Zukunft aber ledig­lich Orientierungsfunktion.
  • Basis­ho­no­rar­satz und Ori­en­tie­rungs­funk­ti­on wer­den, anders als noch im ers­ten Ent­wurf des Geset­zes, in einem eigen­stän­di­gen § 2a geregelt.
  • Für Hono­rar­ver­ein­ba­run­gen gibt es kei­ne Beschrän­kung durch Min­dest- oder Höchst­sät­ze mehr. Es bleibt jedoch dabei, dass die Hono­rar­ver­ein­ba­rung Form­vor­ga­ben unter­liegt. In Zukunft gilt hier die Text­form. Gleich­zei­tig ent­fällt das Erfor­der­nis der Ver­ein­ba­rung „bei Auf­trags­er­tei­lung“. Dadurch sind nun auch Ände­run­gen der Hono­rar­ver­ein­ba­rung – bei Wah­rung der Text­form – nach Ver­trags­ab­schluss pro­blem­los mög­lich.
  • Auch neu ist, dass eine sol­che Hono­rar­ver­ein­ba­rung nicht mehr in der Schrift­form, d.h. mit Unter­schrift, son­dern ledig­lich in Text­form geschlos­sen wer­den muss. Somit ist es zwar nicht mög­lich, eine Hono­rar­ver­ein­ba­rung münd­lich zu tref­fen, sehr wohl aber kann dies per E‑Mail gesche­hen. Soll­ten die Ver­trags­par­tei­en die vor­ge­se­he­ne Text­form nicht ein­hal­ten, gilt auto­ma­tisch ein Basis­ho­no­rar als ver­ein­bart. Das Basis­ho­no­rar ent­spricht dann jeweils dem unte­ren Hono­rar­satz der jewei­li­gen Hono­rar­ta­fel. Das gilt jedoch nur für über­nom­me­ne Grundleistungen
  • Ob die Rege­lun­gen der HOAI gel­ten sol­len, kann in Zukunft frei ver­ein­bart wer­den. Es ist auch mög­lich, nur Tei­le der HOAI auf­zu­grei­fen oder aber die­se im Gan­zen her­an­zu­zie­hen und im Ein­zel­nen davon abzuweichen.
  • Die bis­he­ri­gen Fäl­lig­keits­re­ge­lun­gen in § 15 HOAI ent­fal­len. Ent­ge­gen dem Refe­ren­ten­ent­wurf wird der Para­graf aber mit einem Ver­weis auf die Rege­lun­gen in § 650g Abs. 4 und § 632a BGB erhal­ten bleiben.
  • Neu ist auch die Hin­weis­pflicht bei Ver­brau­cher-Bau­her­ren. Nach § 7 Abs. 2 des Refe­ren­ten­ent­wurfs zur HOAI müs­sen die­se vor Ver­trags­schluss dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass ein Hono­rar über oder unter den Wer­ten in der Hono­rar­ta­fel ver­ein­bart wer­den kann.

Die ver­bind­li­chen Min­dest- und Höchst­sät­ze sind voll­stän­dig ent­fal­len. Zwar bestehen noch Hono­rar­ta­feln mit Hono­rar­sät­zen, die in unte­re bis obe­re Hono­rar­sät­ze auf­ge­teilt sind, jedoch die­nen die­se Hono­rar­ta­feln ledig­lich der Fin­dung eines ange­mes­se­nen Hono­rars. Die Ver­trags­par­tei­en kön­nen sich daher in Zukunft frei aus­su­chen, ob sie ein Hono­rar eben­falls voll­stän­dig frei ver­ein­ba­ren wol­len oder der Hono­rar­be­rech­nung das neue HOAI-Berech­nungs­mo­dell zugrun­de legen wollen.

Der Gesetz­ge­ber hat mit die­sen Ände­run­gen die Vor­ga­ben des EuGH in einem abso­lu­ten Min­dest­maß umge­setzt. Einen Rest ver­bind­li­ches Preis­recht woll­te er dabei nicht auf­ge­ben, indem er eine Hono­rar-fik­ti­on auf Grund­la­ge des Basis­ho­no­rar­sat­zes für unwirk­sa­me oder feh­len­de Hono­rar­ver­ein­ba­run­gen geschaf­fen hat.

Es gilt also wei­ter­hin unein­ge­schränkt die Emp­feh­lung für Archi­tek­ten, Inge­nieu­re und Auf­trag­ge­ber, mög­lichst schrift­li­che Ver­trä­ge abzu­schlie­ßen, um jeg­li­che Aus­le­gungs­kon­flik­te bezüg­lich des Leis­tungs­um­fangs sowie der ent­spre­chen­den Ver­gü­tung zu vermeiden.

Ein­deu­ti­ge Gewin­ner der neu­en HOAI sind die Auf­trag­ge­ber von Pla­nungs­leis­tun­gen. Ihnen ste­hen zukünf­tig deut­lich mehr Spiel­räu­me für wirk­sa­me Hono­rar­ver­ein­ba­run­gen zur Ver­fü­gung. Dies gilt für den Inhalt sol­cher Ver­ein­ba­run­gen, also ins­be­son­de­re die Hono­rar­hö­he, aber auch für den Zeit­punkt der Ver­ein­ba­rung und deren Form. Die Gefahr, dass Hono­rar­ver­ein­ba­run­gen unwirk­sam sind und Pla­ner das Hono­rar nach den HOAI-Kri­te­ri­en zum Min­dest­satz berech­nen kön­nen, ist nun­mehr sehr gering. Das ist für Auf­trag­ge­ber von Vor­teil, da das Markt­preis­ni­veau teil­wei­se deut­lich unter dem Min­dest­satz liegt.
Ob Pla­nungs­bü­ros Ver­lie­rer der Neu­re­ge­lung sind, wird die Anwen­dung der neu­en HOAI zei­gen müs­sen. Denn trotz der ver­meint­lich gewon­ne­nen Frei­heit durch die EuGH-Ent­schei­dung las­sen vie­le Auf­trag­ge­ber wei­ter­hin Hono­rar­an­ge­bo­te von Archi­tek­ten und Inge­nieu­ren, die nach den Kri­te­ri­en der HOAI ermit­telt sind, zu oder ver­lan­gen sol­che sogar. Ob sich hier­an etwas ändert, ist frag­lich. Auch für den wich­ti­gen Fall, dass kei­ne Hono­rar­ver­ein­ba­rung getrof­fen wird, bleibt es bei der bis­he­ri­gen Rechts­la­ge: Es gilt der Min­dest­satz als vereinbart.

Die neue HOAI soll am 01.01.2021 in Kraft tre­ten. Sie wird also für Ver­trä­ge ab die­sem Datum gel­ten. Für alle vor­her geschlos­se­nen Ver­trä­ge gilt die jeweils zur Ver­trags­un­ter­zeich­nung gül­ti­ge HOAI. Für alle lau­fen­den Ver­trä­ge bzw. alle bereits lau­fen­den Hono­rar­strei­tig­kei­ten gilt die alte Geset­zes­la­ge unver­än­dert fort. Hier besteht nach dem Urteil des EuGH sowie der unein­heit­li­chen ober­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung in Deutsch­land Streit dar­über, ob das ver­bind­li­che Preis­recht nicht mehr ange­wen­det wer­den darf. Hier­zu steht noch eine Ent­schei­dung des EuGH aus. Für alle neu­en Ver­trä­ge ab dem 1.1.2021 hat sich die­se Dis­kus­si­on dann erledigt.

 

Bernd Mor­gen­roth
Rechtsanwalt
Fach­an­walt für Bau- und Architektenrecht
Schieds­rich­ter SOBau