Das BMF veröffentlichte am 17.05.2024 den bereits erwarteten Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2024. In dem 243 Seiten umfassenden Gesetzentwurf sind unter anderem folgende Änderungen vorgesehen:
Änderungen bei der Einkommensteuer, unter anderem
- Erweiterung des Katalogs der steuerneutralen BW-Übertragungen von Einzel-WG auf solche zwischen den Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwester-PersG in einem neuen § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG für alle noch offenen Fälle (als Reaktion auf die BVerfG-Entscheidung vom 28.112023). Zudem wird zur Umsetzung der Vorgaben des BVerfG verfahrensrechtlich sichergestellt, dass der BW-Ansatz bei Übertragungen bis zum Tag der Veröffentlichung der Entscheidung des BVerfG (12.01.2024) nicht nur bei der übertragenden, sondern auch bei der übernehmenden Mitunternehmerschaft möglich ist. Zudem soll für Steuerpflichtige, für die die neue Rechtslage nachteilig ist, eine Möglichkeit geschaffen werden, auf Antrag von der Anwendung der Neuregelung abzusehen.
- Steuerfreiheit von PV-Anlagen in § 3 Nr. 72 EStG: Die technische Grenze für die Steuerfreiheit von PV-Anlagen wird auf einheitlich 30 KWp für jede Wohn- oder Gewerbeeinheit (bisher nur 15 KWp je Einheit) angehoben.
Änderungen bei der Körperschaftsteuer, unter anderem
- Steuerliches Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG, wonach in Umwandlungsfällen auch dann keine Anfangsfeststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos durchzuführen ist, wenn die übernehmende Körperschaft dadurch neu entsteht. Dies bedeutet gleichzeitig, dass der übergehende Einlagenkontenbestand als Zugang des laufenden Wirtschaftsjahrs zu behandeln ist und demzufolge für eine Verwendung im ersten Wirtschaftsjahr der durch die Umwandlung neu entstandenen übernehmenden Körperschaft noch nicht für eine Leistungsverrechnung nach § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG zur Verfügung steht.
- Anpassungen bei den Übergangsregelungen vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren in §§ 34 und 36 KStG infolge der Umsetzung von BVerfG-Entscheidungen (Beschlüsse vom 24.11.2022, 2 BvR 1424/15, und vom 06.12.2022, 2 BvL 29/14) für eine verfassungskonforme Regelung in allen noch offenen Fällen.
Änderungen bei der Gewerbesteuer, unter anderem
- passive ausländische Betriebsstätteneinünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen mit Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 AStG
Klarstellung in § 7 Satz 8 GewStG, dass sämtliche passive ausländischen Betriebsstätteneinkünfte als in einer inländischen Betriebsstätte erzielt gelten und somit auch solche, für die Deutschland im Fall eines DBA bereits nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht.
Änderungen bei der Umwandlungsteuer, unter anderem
- Elektronische Übermittlung der steuerlichen Schlussbilanz (§ 3 Abs. 2a UmwStG).
- Umkehr von Grundsatz und Ausnahme bei der Verschmelzung nach §§ 11 ff. UmwStG beim Anteilseigner: Künftig soll der Buchwert-Ansatz der Anteile an der übertragenden Körperschaft beim Anteilseigner zum Regelfall werden (§ 13 Abs. 2 UmwStG).
- GewSt-Pflicht bei Veräußerung und Aufgabe einer PersG innerhalb einer 5‑Jahresfrist nach Umwandlung einer KapG in eine PersG oder nach einer Verschmelzung auf eine natürliche Person bei mehrstöckigen PersG in § 18 Abs. 3 UmwStG
- Erfassung von Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum bei Einbringungen i.S.d. § 20 UmwStG zur Verhinderung von negativen Anschaffungskosten in einem neuen § 20 Abs. 2 S. 5 UmwStG.
- Wegfall der Sperrfristverhaftung (und damit der drohenden Besteuerung des EG II)der im Rahmen eines Anteilstausch eingebrachten Anteile nur noch dann, soweit die gewährten Anteile unter Aufdeckung der stillen Reserven veräußert werden (§ 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG).
- Abschaffung des Besteuerungskonzepts der sog. einbringungsgeborenen Anteile ab dem 01.01.2025.
Änderungen bei der Umsatzsteuer, unter anderem
- Vorsteuer-Abzug aus Rechnungen von Lieferanten mit IST-Besteuerung erst bei Zahlung des Entgelts durch den Leistungsempfänger.
- Anpassungen an die BFH-Rechtsprechung
- zum Begriff der Werklieferung,
- zum unberechtigten Steuerausweis in einer Gutschrift,
- zur Vorsteueraufteilung,
- sowie zur Steuerbefreiung im Bildungsbereich.
- Neufassung der Regelungen für Kleinunternehmer: Schwellenwerte in § 19 UStG, besonderes Meldeverfahren in § 19a UStG sowie zu Rechnungen von Kleinunternehmen in § 34a UStDV.
- Steuerbefreiung von Konsortialdienstleistungen in § 4 Nr. 8 UStG.
- Neue Ortsregelung für Streaming-Dienste in § 3a Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 UStG.
- Abschaffung des Umsatzsteuerlagers in § 4 Nr. 4a UStG.
- Verlängerung der Übergangsfrist zur Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG für die öffentliche Hand bis zum 31.12.2026 (statt bisher bis zum 31.12.2024) in § 27 Abs. 22a Satz 1 UStG.
- Landwirtschaft: weitere Absenkung des USt-Satzes für pauschalierende Betriebe von 9% auf 8,4% ab dem Kalenderjahr 2024 sowie einer automatischen Anpassung ab dem Kalenderjahr 2026.
Änderungen bei der Lohnsteuer und für Arbeitnehmer, unter anderem
- Einführung einer Pauschalbesteuerung mit 25% bis zu einem Höchstbetrag von 2.400 Euro von Zuschüssen des Arbeitgebers für die gelegentliche Nutzung von außerdienstlichen Mobilitätsleistungen (z.B. E‑Scooter, Car- oder Bike-Sharing-Angebote, Fahrtdienstleister), sofern diese zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt werden.
- Ergänzung der Steuerstundungsregelung für Mitarbeiterbeteiligungen in § 19a Abs. 1 Satz 3 EStG um eine Konzernklausel.
- Vereinfachungsregelung für Bonusleistungen von Krankenkassen für gesundheitsbewusstes Verhalten in § 10 Abs. 2b EStG ab 1.1.2025, wonach es zu keiner Kürzung der Beiträge zur Krankenversicherung als Sonderausgaben kommt, wenn die Bonusleistungen 150 Euro nicht übersteigen.
Änderungen bei der Grunderwerbsteuer und der Erbschaftsteuer, unter anderem
- Regelung bzgl. der Zurechnung von Grundstücken in den Ergänzungstatbeständen des § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG in einem neuen § 1 Abs. 4a GrEStG.
- Stundung der ErbSt auch für eigengenutzte Wohngrundstücke von bis zu 10 Jahren in § 28 Abs. 3 ErbStG: Dabei kommt die Gewährung der Stundung nur in Betracht, soweit der Erwerber die Steuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen könnte.
- Abschlag für vermietete Wohngrundstücke in § 13d ErbStG: Ausdehnung des Anwendungsbereichs des 10%-Abschlags auch für Wohngrundstücke, die im Drittstaaten belegen sind (bisher nur in Deutschland, in EU- und EWR-Staaten belegene Wohngrundstücke).
- Anteilige Abzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten in Fällen der beschränkten Steuerpflicht.
Weitere Änderungen sind unter anderem vorgesehen:
- im InvStG
- in der Abgabenordnung
- im MindStG
- im BierStG
Sobald uns neuere Informationen zum Gesetzgebungsverfahren vorliegen, informieren Sie umgehend.