Im Alltag kann man schneller Teil einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) werden, als vielen bewusst ist – mit teils gravierenden rechtlichen Konsequenzen. Das zeigt ein aktueller Fall vor dem OLG Oldenburg: Eine Pferdeeigentümerin und ein Gestüt hatten sich 2020 vertraglich darauf geeinigt, ein vielversprechendes Hengstfohlen gemeinsam zu fördern. Die Eigentümerin brachte das Tier ein, das Gestüt übernahm Kosten und stellte einen Radlader. Ohne explizit eine Gesellschaft zu gründen, entstand rechtlich eine GbR mit dem gemeinsamen wirtschaftlichen Ziel, das Pferd gewinnbringend einzusetzen.
Doch schon kurze Zeit später kam es zum Zerwürfnis – das Pferd erkrankte schwer und starb nach einer Operation. Danach stritten sich die Parteien um Tierarztkosten, Herausgabe des Radladers und Schadensersatz.
Das OLG Oldenburg stellte klar: Durch den Vertrag war rechtlich eine GbR entstanden – auch wenn das den Parteien womöglich gar nicht bewusst war. Diese wurde durch den Tod des Pferdes zwar beendet, doch Einzelansprüche (z. B. auf Herausgabe oder Kostenersatz) können danach nicht isoliert eingeklagt werden. Stattdessen müssen sie im Rahmen einer Auseinandersetzungsbilanz bewertet werden. Nur der Saldo dieser Abrechnung kann eingeklagt werden – nicht einzelne Leistungen oder Gegenstände.
Fazit:
Dieser Fall zeigt, wie schnell man im Alltag in eine GbR geraten kann – sogar ohne schriftliche Gesellschaftsgründung oder umfassendes rechtliches Bewusstsein. Bereits ein gemeinsames Projekt mit wirtschaftlichem Ziel reicht aus. Die Folgen sind oft nicht vorhersehbar: Einzelne Forderungen sind später nicht einfach durchsetzbar, weil alle Ansprüche über eine komplexe Abwicklung der Gesellschaft (inkl. Bilanzierung und Saldierung) laufen müssen. Wer das übersieht, riskiert langwierige Auseinandersetzungen und unerwartete Kosten.
OLG Oldenburg, Urteil vom 15.01.2025 — 5 U 55/22
Marcel Schmieder
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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